Steht uns ein strenger Pandemiewinter bevor? Niemand weiss das so genau. Das Virus bleibt unberechenbar. Was Sie jetzt zu Ihrem Schutz unternehmen können und was bei der Arbeit gilt.
MASKE AUF: Wo sich viele Menschen aufhalten – zum Beispiel im ÖV – besteht erhöhtes Infektionsrisiko. (Foto: Getty)
Wir hatten Angst. Wir blieben zu Hause. Und gingen wir ausser Haus, schmierten wir die Hände mit übelriechenden Desinfektionsmitteln ein, trugen Masken und wichen zwei Schritte zurück, wenn irgendwelche Ignoranten uns zu nahe auf den Pelz rückten. Die meisten standen Schlange im Impfzentrum, manche lagen danach einen Tag lang flach. «Ein gutes Zeichen!» hiess es dann, «jetzt produziert Ihr Immunsystem Antikörper.»
Die neuen Varianten des Virus sind leichter übertragbar.
DAUERGAST CORONA
Nicht alle litten bloss unter Impfnebenwirkungen oder kamen mit einem milden Krankheitsverlauf davon: In der Schweiz allein starben bisher gegen 14 000 Menschen mit laborbestätigter Infektion. Auf dem Höhepunkt im Spätherbst 2020 waren es bis zu 100 täglich. Und jetzt? 97 Prozent der Schweizer Bevölkerung haben Antikörper gegen Covid im Blut, sind also geimpft oder genesen. Harmlos ist die Lage trotzdem nicht. Die derzeit dominante Virusvariante BA.5 führt zwar zu weniger schweren Verläufen, ist aber hochansteckend und verschont auch Geimpfte und Genesene nicht mit Sicherheit.
Noch immer stehen um die drei Todesfälle pro Tag im Zusammenhang mit einer laborbestätigten Covid-19-Infektion. Und der seit Mitte September verzeichnete Anstieg neuer Fälle flacht im Moment zwar wieder ab, doch gehen die Expertinnen und Experten von einer hohen Dunkelziffer aus. Denn der Anteil der Tests mit positivem Ausgang ist mit über 40 Prozent sehr hoch. «Wir treten in eine neue Phase der Pandemie ein», sagt der britische Seuchenexperte Jeremy Farrar im deutschen Nachrichtenmagazin «Der Spiegel». Die neueren Varianten des Virus seien so leicht übertragbar, dass sie ständig in der Bevölkerung zirkulierten. Es bleibe weiterhin wichtig, alles zu unternehmen, um Infektionen möglichst zu vermeiden: «Sonst lassen wir es zu, dass dieses Virus weiterhin Milliarden und Abermilliarden von Kopien (…) hervorbringt. Und jedes einzelne Virus hat die Möglichkeit, gegen unsere Impfstoffe und unsere Immunabwehr immun zu werden.»
VORSICHT UND RÜCKSICHT
Nach wie vor empfehlenswert ist die Einhaltung jener Regeln, die uns beim Ausbruch der Pandemie eingebleut worden sind: eine gründliche Handhygiene, ins Taschentuch oder in die Armbeuge husten und niesen und mehrmals täglich lüften. Vermeiden Sie ausserdem weiterhin Handschüttelorgien! Und tragen Sie Maske, wo sich viele Leute auf besonders wenig Raum versammeln – im ÖV, im gut besuchten Supermarkt oder im Kino –, aber auch in der Nähe besonders gefährdeter Personen.
TESTEN BEI SYMPTOMEN
Brummt der Kopf? Schmerzen die Glieder? Meldet sich Husten? Läuft die Nase? Nach wie vor sollten besonders gefährdete Personen (ab 65, chronisch krank oder schwanger) bei Symptomen wie diesen zum PCR-Test oder Schnelltest gehen. Für nicht besonders gefährdete Personen spricht das Bundesamt für Gesundheit (BAG) keine dringliche Testempfehlung mehr aus. Testen sollten Sie aber, sobald Sie die Symptome als hartnäckig oder gravierend empfinden oder falls Sie regelmässigen Umgang mit gefährdeten Personen haben.
Der PCR-Test ist bei Symptomen, nach Kontakt zu einer positiv getesteten Person oder auf ärztliche Anordnung kostenlos. Der Schnelltest ist für alle gratis. Selbst zu bezahlen sind PCR-Tests, falls keine der obengenannten Voraussetzungen erfüllt sind, sowie die Selbsttests.
Das Testen ist kantonal organisiert; hier finden Sie die Informationen zu Ihrem Kanton: rebrand.ly/covid19testenkanton.
IMPFEN JE NACHDEM
Seit 10. Oktober kann sich wieder jede Person ab 16 Jahren kostenlos impfen lassen. Gemäss Dokumentation des BAG und der Eidgenössischen Kommission für Impffragen schützt eine Auffrischimpfung in erster Linie gut gegen einen schweren Verlauf mit Hospitalisation, wie er vor allem bei alten Menschen und solchen mit Vorerkrankungen auftritt. Der Schutz vor Ansteckung an sich ist aber gering.
Was bedeutet das für Ihren Impfentscheid? Unbedingt sollten Sie zur Auffrischimpfung gehen, wenn Sie 65jährig und älter sind, eine chronische Krankheit haben oder schwanger sind. Haben Sie sich noch nie gegen Corona impfen lassen? Dann empfiehlt das BAG für gefährdete Personen zwei Impfungen, für nicht gefährdete eine. Sind Sie aber schon mehrfach geimpft und/oder genesen, ist die Auffrischimpfung nicht dringlich. Die Impfungen sind seit 10. Oktober für alle Personen mit obligatorischer Krankenversicherung kostenlos.
Das Impfen ist kantonal organisiert; hier finden Sie die Informationen zu Ihrem Kanton: rebrand.ly/covid19impfenkanton.
Die Auffrischimpfung schützt vor allem vor schweren Verläufen.
ZERTIFIKAT UND COVID-APP
Mit der Swiss Covid App liess sich feststellen, ob jemand enge Kontakte zu infizierten Personen hatte. Sie ist seit Frühling 2022 inaktiv. Löschen Sie sie.
Nach wie vor in Betrieb ist aber das Covid-Zertifikat. Bewahren Sie schriftliche Zertifikate auf bzw. lassen Sie diese App auf Ihrem Smartphone aufgeschaltet und tragen Sie neue Impfungen und Genesungen darin nach. Zurzeit benötigen Sie in Europa keinen Impfnachweis mehr, jedoch unter Umständen für die Einreise in Länder anderer Kontinente. Für die Einreise in die USA ist zum Beispiel ein Impfnachweis erforderlich. Informieren Sie sich weiterhin vor einer Auslandreise über die Einreisebestimmungen des Ziellandes.
Corona und Arbeit Eine ganz normale Krankheit
SCHUTZPFLICHT. Seit dem Wegfall der besonderen Lage und den spezifischen Schutzmassnahmen ist Covid-19 rechtlich einer normalen Krankheit gleichgestellt. Die Verantwortung für Massnahmen zum Schutze der Gesundheit der Mitarbeitenden liegt also vollständig bei den Firmen.
POSITIV, ABER FIT. Haben Sie ein positives Testresultat, sind aber nicht krank, müssen Sie arbeiten gehen. Informieren Sie aber die Firma: Sie ist nach wie vor verpflichtet, die notwendigen Massnahmen zu treffen, um Ihre Arbeitskolleginnen und -kollegen vor einer Ansteckung zu schützen. Vielleicht können Sie ja im Homeoffice arbeiten – ein Anspruch darauf besteht allerdings nicht.
POSITIV UND KRANK. Sind Sie aufgrund der Krankheit arbeitsunfähig, müssen Sie ein Arztzeugnis beibringen. Ob Sie schon ab dem ersten Krankheitstag oder erst nach ein paar Tagen ein Arztzeugnis vorweisen müssen, kann je nach Arbeitsvertrag, -reglement oder Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterschiedlich sein.
BESONDERS GEFÄHRDET. Die Schutzpflicht der Firma gilt insbesondere gegenüber besonders gefährdeten Mitarbeitenden. Sie muss die möglichen Schutzmassnahmen treffen, zum Beispiel Homeoffice, die Einrichtung eines getrennten Arbeitsbereichs oder das Tragen von Masken.
LÄNGERFRISTIGE FOLGEN. Je nach Schätzung sind 10 bis 20 Prozent der Infizierten von Long Covid betroffen. Manche sind im Alltag massiv eingeschränkt und nicht mehr arbeitsfähig. Wie dann vorzugehen ist und welche Versicherungsleistungen Sie einfordern können, hat work im Frühling bereits zusammengefasst: rebrand.ly/vorgehen-longcovid. (Jonas Komposch)