Marina Wyss von der Unia-Rechtsabteilung beantwortet Fragen aus der Arbeitswelt.
PAUSEN SIND EIN MUSS: Aber nicht alle haben gleich viele zugute. (Foto: iStock)
Ich habe herausgefunden, dass wir im Team unterschiedlich viel Pause machen dürfen. An einem Tag haben meine Kollegin und ich beide elf Stunden gearbeitet. Wir haben beide um 7 Uhr morgens begonnen und am Abend gleichzeitig Feierabend gemacht. Der einzige Unterschied war, dass ich früher Mittagspause gemacht habe. Nämlich von 12 bis 13 Uhr. Meine Kollegin von 13.30 bis 14.30 Uhr. Das war so in unserem Arbeitsplan eingetragen. Um 10 Uhr sagte der Chef meiner Kollegin, sie solle für eine Viertelstunde in die Pause gehen. Für mich wurde keine zusätzliche Pause eingeplant. Habe ich Anspruch auf Lohn für diese Viertelstunde?
Marina Wyss: Nein. Laut Arbeitsgesetz haben Arbeitnehmende folgenden Anspruch auf Pausen:
- bei einer Arbeitszeit von mehr als
5,5 Stunden: eine Viertelstunde Pause,
- bei einer Arbeitszeit von mehr als
7 Stunden: eine halbe Stunde Pause,
- bei einer Arbeitszeit von mehr als
9 Stunden: eine Stunde Pause.
Gemäss Gesetz haben Angestellte das Recht auf eine zusätzliche Pause, wenn sie vor oder nach einer Pause mehr als 5,5 Stunden am Stück arbeiten. Ihre Kollegin hat von 7 bis 13.30 Uhr gearbeitet. Das sind mehr als 5,5 Stunden, weshalb sie Anspruch auf eine zusätzliche Pause von 15 Minuten hat. Bei Ihnen wiederum lagen zwischen Ihrem Arbeitsbeginn und Ihrer Mittagspause 5 Stunden Arbeit. Deshalb steht Ihnen keine zusätzliche Pause zu.
Invalidität: Was tun, wenn die IV-Rente nicht reicht?
Nach einem schweren Unfall erhält mein Bruder eine volle Invalidenrente. Allerdings reicht sie nicht, um alle Lebenshaltungskosten zu decken. Deshalb hat er ein Gesuch um Ergänzungsleistungen (EL) gestellt. Die Ausgleichskasse lehnte das Gesuch jedoch ab mit der Begründung, mein Bruder habe zu viel Vermögen. Das ist völlig absurd, denn er lebt in sehr einfachen Verhältnissen. Die Ausgleichskasse argumentiert mit dem angesparten Altersguthaben meines Bruders, obwohl dieses auf einem Sperrkonto liegt. Ist der Entscheid korrekt?
Marina Wyss: Ja, sofern Ihr Bruder alleinstehend ist und ein Freizügigkeitsguthaben von über 100 000 Franken hat. Bei Ehepaaren beträgt die Vermögensschwelle 200 000 Franken. Diese Regelung ist seit dem 1. Januar 2021 in Kraft. Schon vorher aber hat das Bundesgericht Freizügigkeitsguthaben als sogenannte verzehrbare Vermögenswerte anerkannt, ohne dass diese Guthaben tatsächlich bezogen wurden. Laut Bundesgericht reicht es aus, dass der Bezug dieses Guthabens rechtlich zulässig und damit grundsätzlich möglich ist. Da Ihr Bruder eine volle IV-Rente erhält, kann er laut Gesetz die Auszahlung seines Freizügigkeitsguthabens verlangen. Und zwar ab dem Zeitpunkt, in dem die Zusage für die volle IV-Rente rechtskräftig ist. Anspruch auf EL hat Ihr Bruder erst, wenn das Guthaben unter 100 000 Franken liegt.