In der Öffentlichkeit geben sich rechte und bürgerliche Politikerinnen und Politiker mal wieder empört über die Banken-Boni-Abzocker. Doch wenn’s im Parlament darauf ankommt, stimmen sie für Boni-Exzesse.
Sie wollte Abzockerei stoppen: Susanne Leutenegger Oberholzer. (Foto: Raphael Hünerfauth)
Die neuerliche staatliche Bankenrettung macht die Mehrheit in diesem Land hässig. Das merken auch SVP, FDP, GLP und Mitte, die seit der letzten Bankenrettung nichts getan haben, um eine neue zu verhindern. Darum überbieten sie sich jetzt mit Empörungsbekundungen. Doch wirksam handeln wollen sie offensichtlich ungefähr so wie nach der UBS-Rettung 2008. Das heisst: gar nicht.
Zwar plädieren sie für eine parlamentarische Untersuchungskommission, was sinnvoll ist, aber dauert. Und die ersten bürgerlichen Ständeräte stehen bereits auf die Bremse. Vertreterinnen und Vertreter von SVP, FDP, GLP und Mitte sind jetzt plötzlich gegen Boni und für schärfere Eigenkapitalvorschriften. Einige sagen sogar, sie wollten die gleichen Fehler wie 2008 nicht mehr wiederholen. Zumindest in den Medien. Doch entsprechende Vorstösse wollen sie an der nachösterlichen Sondersession nicht behandeln. Obwohl diese zum Teil schon seit anderthalb Jahren behandlungsreif sind.
GEGEN HÖHERE EIGENMITTEL
Zum Beispiel jene Motion der Luzerner SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo, die eine ungewichtete Eigenkapitalquote von mindestens 15 Prozent für systemrelevante, global tätige Banken verlangt. Bis zum 19. März hätte das auch die CS betroffen, jetzt nur noch die UBS. Eingereicht hat Birrer-Heimo ihre Motion vor fast zwei Jahren. Der Bundesrat hat sie bereits am 25. August 2021 behandelt. Wenig überraschend: Er lehnt sie ab, weil er «keinen Anlass sieht, die Eigenmittelanforderungen (…) zu erhöhen». Da die «Verhältnismässigkeit offensichtlich verletzt» würde.
FÜR BONI-EXZESSE
Eines der extremsten von Dutzenden Beispielen dafür, wie willfährig bürgerliche Politikerinnen und Politiker in den letzten Jahren die Wünsche der Finanzindustrie erfüllten, trägt die Geschäftsnummer 17.3322, stammt aus dem Jahr 2017 und wurde am 6. März 2018 im Nationalrat behandelt. Also vor den letzten nationalen Wahlen 2019. Die Motion stammt von der damaligen Baselbieter SP-Nationalrätin und Finanzexpertin Susanne Leutenegger Oberholzer. Sie verlangte ein Boni-Verbot bei systemrelevanten Banken. Die Begründung der Ökonomin war glasklar. Ebenso klar war die Ablehnung durch den damaligen SVP-Finanzminister Ueli Maurer («widerspricht der Wirtschaftsfreiheit», «kein Handlungsbedarf»). Der Nationalrat mochte die Motion nicht einmal diskutieren und lehnte sie mit 61 zu 125 Stimmen ab. Da war es längst nicht mehr fünf vor zwölf, die Uhr zeigte genau 11 Uhr, 59 Minuten und 23 Sekunden. Fünf SVPler und zwei Mitte-Vertretende wichen von der Parteimeinung ab. Geschlossen gegen die Motion stimmten die FDP und die GLP.
HEUTE NOCH DABEI
Ausdrücklich für weitere Boni-Exzesse bei den faktisch mit Staatsgarantie ausgestatteten Grossbanken stimmten also zum Beispiel der heutige SVP-Präsident Marco Chiesa, der heutige FDP-Präsident Thierry Burkart, GLP-Präsident Jürg Grossen, Mitte-Präsident Gerhard Pfister, der heutige SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi, die heutige FDP-Vize-Fraktionschefin Daniela Schneeberger und GLP-Fraktionschefin Tiana Angelina Moser.
Wie sie sich wohl in den kommenden Wochen und Monaten rausreden werden?