Laura Gonzalez Martinez ist Verkäuferin in Zürich und Gewerkschafterin.
Da stand ich frühmorgens müde in meiner Brotabteilung, die harzige Trennung von meinem weichen, warmen Kissen war noch frisch. Aber ich lächelte. Obwohl ich allein in der Abteilung war, fühlte ich mich keineswegs allein.
Sie hatte es wieder geschafft, mir ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Die liebe und fleissige Fee der Spätschicht. Kennt ihr die kleine schwarze Tafel im Brotgestell mit den von Hand geschriebenen Angaben, wer und wann das letzte Mal gebacken hat? Es ist in diesem so durchstrukturierten Unternehmen eines der wenigen Zeichen, dass unterschiedliche Persönlichkeiten hier arbeiten.
«Einander helfen, das musste ich erst lernen.»
BLUMEN. Mein Name stand dort fein säuberlich und mit Blumen verziert. Sie hat es so schön und liebevoll für mich gestaltet, dass ich es fotografieren musste. Jetzt ziert es mein Whatsapp-Profil. Die Abteilung ist jeden Morgen sorgfältig vorbereitet, so dass ich gleich loslegen kann. Und mit diesem Detail war ich an diesem Tag umso motivierter. Ich schätze das sehr. Es ist einfacher und viel entspannter, wenn man sich gegenseitig unterstützt. Wenn der Laden von Kundinnen und Kunden überrannt wird, wissen wir alle, was zu tun ist, und wir helfen uns gegenseitig.
BOXEN. Zu meiner Schande muss ich zugeben, dass ich das zuerst lernen musste. Ich war gewohnt, mich alleine durchboxen zu müssen, möglichst ohne Hilfe, um nur nicht als schwach zu gelten oder als unfähig. Immer mit der Angst im Nacken, ich könnte ersetzt werden. Der Druck war enorm. Die Kolleginnen und Kollegen waren nicht nett zu mir und ich auch nicht zu ihnen. Doch dann ist das Team zusammengewachsen, ein vielseitiger und interessanter Haufen. Wir sind Künstlerinnen, Sängerinnen, Sprachgenies, Modeberaterinnen, Entertainer, erprobte Lebenskünstlerinnen, grossartige Organisatorinnen, selbstlose Heldinnen und engagierte Gewerkschafterinnen. So viel Grossartiges steckt unter diesen Arbeitshemden. und die Unterhaltungen sind genauso vielfältig und lehrreich. Lachen steht bei uns auf der Tagesordnung. Unterschiedliche Meinungen werden respektiert. Konflikte und Missstände haben uns ebenfalls zusammengeschweisst, mutiger gemacht. Wir teilen uns den Druck. Wir motivieren, beruhigen und beraten uns. Aktionen wie das Wichteln und das gemeinsame Essen tun der Seele gut. Die gewerkschaftlichen Themen begleiten und stärken uns zusätzlich. Die Vorbereitungen für den Frauenstreik geben uns Kraft.
DANKE! Wenn ich sehe, wie viel wir erreicht haben, freue ich mich auf die gemeinsamen Schichten und Aktionen, die noch vor uns liegen. Danke für die wertvollen Lektionen, mein liebes Team!