Mondo-Sport-Chef Egger schwärmt von der 4-Tage-Woche:
«Ein Gewinn für alle!»

Immer häufiger wechseln Schweizer Betriebe in die 4-Tage-Woche. Nun zieht auch der Detailhandel nach. Das Sportgeschäft Mondo in Murten FR macht den Anfang.

MACHT’S VOR: Im Sportgeschäft von Heinz Egger (55) stehen die Mitarbeitenden bald nur noch an 4 Tagen die Woche im Laden – bei vollem Lohn. (Foto: Marco Zanoni)

Dienstag, Mittwoch, Freitag und Samstag. Ab Juni ist das Geschäft Mondo Sport in Murten FR nur noch an vier Tagen die ­Woche geöffnet. Am verkaufsschwächsten Tag, dem Donnerstag, bleiben die Türen geschlossen. Das Personal arbeitet vier Tage die Woche, erhält aber den vollen Lohn. ­Inhaber Heinz Egger (55) sagt gegenüber work: «Ich habe über ein Jahr an den neuen Arbeitszeiten getüftelt. Dieser Schritt hat viel Mut gekostet.» Damit ist das Sportgeschäft der erste Betrieb im Detailhandel, der die Arbeitszeit reduziert, ohne die Löhne zu kürzen. «Die Vier-Tage-Woche ist für alle Beteiligten sinnvoll: für das Personal, für die Kundschaft und für mich als Geschäftsführer», sagt Egger. Die Mitarbeitenden hätten die Änderung sehr positiv aufgenommen. Wen wundert’s! Doch Eggers 30köpfiges Team hat durchaus verschiedene Anliegen.

Die 4-Tage-Woche ist sein Erfolgsrezept gegen Personalmangel.

FÜR FAMILIE UND FREIZEIT

Etwa ein Drittel der Mitarbeitenden sind ­ältere Verkäuferinnen und Verkäufer mit viel Erfahrung. Doch sie stehen kurz vor der Pensionierung. Der zweite Drittel sind junge Mütter und Väter mit Verpflichtungen. Und der Rest sind Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger, die sich gern weiter­bilden möchten. Patron Egger sagt: «Mein ganzes Personal gewinnt mit dem freien Tag. Einige sparen sich den Kita-Tag, andere investieren in eine Ausbildung oder haben schlicht mehr Freizeit – beispielsweise für Sport.»

Für Egger war der aktuelle Fachkräftemangel der Grund für die Arbeitszeit­umstellung. «Bei Mondo Sport nehmen die Kundinnen und Kunden viel Geld in die Hand für ein neues Velo, eine Skiausrüstung oder Laufschuhe. Und weil die Leute schon vorinformiert ins Geschäft kommen, verlangt das von unseren Verkäuferinnen und Verkäufern immer mehr Know-how», erklärt der Mondo-Chef. Folglich sei er auch in Zukunft auf gute Verkäuferinnen und Verkäufer angewiesen.

FACHKRÄFTE HALTEN

Schweizweit sind aktuell fast 12 000 Stellen im Detailhandel nicht besetzt. Noch pre­kärer ist die Situation im Baugewerbe, dort fehlen mehr als 13 000 Büezerinnen und Büezer. An der Spitze steht jedoch das ­Gesundheitswesen. Dort sind aktuell fast 16 000 Stellen frei. Tendenz steigend, denn monatlich verlassen rund 300 Pflegende ­ihren Beruf (work berichtete: rebrand.ly/NotstandPflege).

Von diesem Personalabgang war auch das Regionalspital in Wetzikon ZH betroffen. Doch seit Anfang 2022 arbeiten die Wetziker Pflegerinnen und Pfleger anstatt 42 Stunden pro Woche noch knapp 38 Stunden. Der Lohn bleibt aber gleich. Laut dem Spital hat die Verkürzung der Arbeitszeit positive Effekte auf die Mitarbeitenden.

Zu den Vorreiterinnen in Sachen Arbeitszeitverkürzung gehört auch die Winterthurer Nagelfabrik «Nagli». Bereits seit 2016 wird dort nur noch an vier Tagen gearbeitet, bei vollem Lohn (work berichtete rebrand.ly/WinterthurerNagli). Auch weitere Betriebe folgen der Vier-Tage-Woche: Elektrobuden, Hotels und Buchhandlungen.

URGEWERKSCHAFTLICHES ANLIEGEN

Die Verkürzung der Arbeitszeiten ist ein grosses Anliegen der Gewerkschaften. Auch am letztjährigen Unia-Kongress haben die Delegierten dazu Resolutionen verabschiedet. Unter anderem wurde eine gerechte Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern gefordert. Diese kann erreicht werden, wenn die Normalarbeitszeit reduziert wird. Dabei muss aber der Lohn gleich bleiben.

Auch im Parlament ist die Arbeitszeit Thema. Jüngst mit der im März eingereichten Motion «Arbeitszeit verkürzen!» der SP-Nationalrätin Tamara Funiciello. Sie fordert Massnahmen vom Bundesrat, um die Erwerbsarbeitszeit zu reduzieren. Auch Funiciello schlägt das Vier-Tage-Modell vor. Dazu die Senkung der Wochenarbeitszeit von aktuell 41 Stunden auf 35 Stunden, wobei es besonders für jene mit tiefen und mittleren Löhnen keine Lohnkürzungen geben dürfe.

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