Myriam Muff von der Unia-Rechtsabteilung beantwortet Fragen aus der Arbeitswelt.
IN RUHE GESUND WERDEN: Im Krankheitsfall steht die Kündigungsfrist sofort und für eine gewisse Dauer still. (Foto: Adobe Stock)
Ich wurde am 1. Januar 2022 angestellt und erhielt im Dezember die Kündigung. Die vereinbarte Kündigungsfrist betrug einen Monat, demnach sollte das Arbeitsverhältnis per Ende Januar 2023 enden. Leider wurde ich am 16. Januar 2023 krank. Ich habe gehört, dass bei Krankheit die Kündigungsfrist unterbrochen und nach einer bestimmten Sperrfrist wieder fortgesetzt werde. Mein Chef hat mir gesagt, dass die Sperrfrist in meinem Fall 30 Tage betrage. Ist das korrekt so?
Myriam Muff: Nein. Weil Sie Ihre Kündigung zwar noch im ersten Dienstjahr erhalten haben, Ihre Kündigungsfrist aber erst im zweiten Dienstjahr endete, kommt in Ihrem Fall die Sperrfrist des zweiten Dienstjahres zur Anwendung. Diese beträgt 90 statt 30 Tage. Grundsätzlich gelten folgende Sperrfristen:
- 1. Dienstjahr: 30 Tage,
- 2. bis 5. Dienstjahr: 90 Tage,
- ab dem 6. Dienstjahr: 180 Tage.
Wenn die Krankheit nach Erhalt der Kündigung auftritt, steht die Kündigungsfrist ab dem Zeitpunkt der Krankheit still. Sie läuft erst weiter, wenn der oder die Mitarbeitende wieder gesund ist, spätestens jedoch nach Ablauf der Sperrfrist. In Ihrem Fall heisst das: Ihre Kündigungsfrist dauerte einen Monat, im Januar sind dies insgesamt 31 Tage. Bevor Sie am 16. Januar krank wurden, sind bereits 15 Tage Ihrer Kündigungsfrist abgelaufen. Die verbleibende Frist von 16 Tagen lief erst weiter, sobald Sie wieder gesund waren, spätestens jedoch nach Ablauf der für Sie anwendbaren Sperrfrist von 90 Tagen.
Sollten Sie also nach wie vor nicht gesund sein, heisst das, dass Ihre Sperrfrist bis am 15. April 2023 dauerte. Die noch verbleibenden Tage der Kündigungsfrist dauerten bis am 1. Mai 2023. Da das Arbeitsverhältnis auf Ende des betreffenden Kalendermonats endet, wären Sie demnach noch bis Ende Mai 2023 angestellt.
Witwenrente und IV: Erhalte ich beide Renten?
Ich beziehe eine Witwenrente und musste mich aus gesundheitlichen Gründen bei der Invalidenversicherung anmelden. Angenommen, mir wird dann eine IV-Rente der Invalidenversicherung zugesprochen: Erhalte ich dann sowohl die Witwen- als auch die IV-Rente?
Myriam Muff: Nein. Der Anspruch einer Witwen- oder Witwerrente erlischt zwar gestützt auf das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) grundsätzlich nur, wenn die verwitwete Person wieder heiratet oder wenn sie verstirbt. Allerdings ist es so, dass beim gleichzeitigen Bezug einer Witwenrente und einer Invalidenrente nur die höhere Rente ausbezahlt wird. So regelt es das Gesetz (AHVG, Artikel 24 b).
Wenn Sie also eine IV-Rente zugesprochen erhalten, wird geprüft, wie hoch diese ausfällt. Ist die IV-Rente höher als Ihre Witwenrente, erhalten Sie fortan nur noch die IV-Rente. Oder umgekehrt, falls die Witwenrente höher ist als jene der IV.