Zwischen den Unternehmen im Detailhandel können Welten liegen: Mit Coop und Migros treten auf der einen Seite Milliardenkonzerne auf, die je fast 100 000 Mitarbeitende beschäftigen. Auf der anderen Seite zählen zum Detailhandel auch die lokale Metzgerei oder die kleine Modeboutique, deren Umsätze und Anzahl Beschäftige überschaubar sind. Auch die Löhne liegen in der Branche teilweise weit auseinander (siehe Grafik). So arbeitet bei den grossen Lebensmittelhändlern eine von fünf Verkaufsangestellten zu einem Monatslohn unter 4500 Franken bei einem Vollzeitpensum. Bei den kleinen bis mittleren Lebensmittelhändlern sind es hingegen fast zwei von drei Verkäuferinnen und Verkäufern.
FOOD-HÄNDLER BESSER. Erklärbar sind diese Unterschiede zunächst mit der Grösse der Unternehmen. Grosse Firmen können nicht nur höhere Preise verlangen, sondern auch mit tieferen Kosten wirtschaften. Entsprechend können sie ihren Mitarbeitenden etwas höhere Löhne zahlen, ohne tiefere Profite hinnehmen zu müssen. Grösse allein erklärt aber nicht den ganzen Lohnunterschied. Das zeigt der Vergleich innerhalb der gesamten Branche. So verdienen bei grossen Unternehmen im Non-Food-Bereich ganze 46 Prozent der Mitarbeitenden weniger als 4500 Franken. Während es bei den grossen Lebensmittelhändlern «nur» 21 Prozent sind. Ein wesentlicher Grund dafür sind Gesamtarbeitsverträge (GAV). Während von den grossen Lebensmittelhändlern in der Schweiz nur Denner und Aldi keinen GAV kennen, ist die Abdeckung im übrigen Detailhandel wie etwa in Kleider- und Möbelläden, Sportgeschäften usw. lückenhafter. Mindestlöhne und Lohnverhandlungen, die für bessere Löhne in der Breite sorgen könnten, sind dort seltener.
DRUCK HILFT. Für starke GAV braucht es starke Gewerkschaften, deren Mitglieder in den Betrieben und in der Öffentlichkeit Druck machen. Die Unia zeigt, wie es geht: Seit Ende der 1990er Jahre gelang es ihr mit ihren Kampagnen, den Tieflohnanteil im Verkauf bei den grossen Lebensmittelhändlern von 35 Prozent auf heute 21 Prozent zu senken. Doch trotz dem Erfolg: Jeder Tieflohn bleibt einer zu viel. Die grossen Detailhändlerinnen müssen die Beschäftigten jetzt stärker am wirtschaftlichen Erfolg beteiligen. Und die übrigen Detaillisten müssen endlich die Tieflöhne anheben.
David Gallusser ist Ökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB).