Nach wenigen Metern ging in Basel nichts mehr. Die Polizei stellte sich den 1.-Mai-Feiernden in den Weg: mit Gummischrot und Tränengas. work war vor Ort.
1. MAI IN BASEL: Unia-Präsidentin Vania Alleva hält ihre Rede auf dem improvisierten Podest. (Foto: Keystone)
Der Tag der Arbeit lockt fast 2000 Demonstrantinnen und Demonstranten in den De-Wette-Park, gleich beim Basler Bahnhof. Sie sind bunt durchmischt: Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Sans-papiers, Jugendliche, Familien mit Kindern, Musikanten sowie älteres Publikum.
Sascha T.* etwa hat klare Gründe für die Teilnahme an der Demo: «Ich gehe an den 1. Mai, damit der Arbeitsmarkt für Behinderte zugänglicher wird und damit Transpersonen am Arbeitsplatz endlich mehr Schutz erhalten.» Auch Lars Keller* weiss, warum er am Tag der Arbeit demonstrieren will: «Wir Lohnabhängige werden immer mehr angegriffen, und wir müssen endlich für eine bessere Welt kämpfen.»
Eine Gruppe von vier Arbeitenden ist sich einig: «Wir sind hier, weil wir endlich bessere Arbeitsbedingungen wollen!» Sie arbeiten nämlich in der Gastro, auf dem Bau oder als Elektriker – täglich stehen sie bis zu 12 Stunden auf den Beinen. Weil sie alle Wurzeln aus der Türkei haben, ist die aktuelle, politisch angespannte Lage in ihrem Heimatland ein weiterer Grund, um an der Demo ein Zeichen zu setzen.
Doch kurz nachdem die bewilligte Demo gestartet ist, wird sie von der Polizei gestoppt.
REIZGAS UND GUMMISCHROT GEGEN ALLE
Schon nach etwa 200 Metern stürmen Polizisten in Vollmontur durch den friedlich spazierenden Demonstrationszug. Ihr Vorhaben ist klar: Der Demozug soll gespalten werden. Während die Spitze mit den autonomen Gruppen bei der Elisabethenkirche eingekesselt wird, hält die Polizei in einer Menschenkette die restlichen Demonstrantinnen und Demonstranten zurück. Darunter viele Schutzbedürftige, wie etwa kleine Kinder oder ältere Personen.
Die Demo-Organisatorinnen und -Organisatoren, darunter auch die Unia, versuchten die Wogen zu glätten. So bildete der Umzug eine Art Rettungsgasse, um den Gewerkschaftsblock an die Polizeibarrikade durchzulassen. Zuvorderst dabei auch Unia-Präsidentin Vania Alleva. Jegliche Versuche, den Demozug weiterziehen zu lassen, blieben erfolglos. Im Gegenteil: Die Polizisten griffen ohne zu zögern zu Tränen- und Reizgas. Die Menschen keuchten und husteten. Demonstrierende versuchten, beim Elisabethen-Brunnen ihr Gesicht von den reizenden Substanzen zu waschen. Andere mussten aufgrund von Verletzungen sofort den Platz verlassen.
Inmitten des Gefechts stand auch Caroline Burckhardt*: «Ich bin bald 70 Jahre alt, seit Jahrzehnten nehme ich am Umzug des 1. Mai teil. So etwas Schreckliches habe ich noch nie erlebt», sagt die pensionierte Lehrerin. Auch weitere Demoteilnehmende waren schockiert und enttäuscht vom aggressiven Vorgehen der Polizei.
Mit welcher Härte die Polizei bei der eingekesselten Demospitze durchgriff, liess sich vor Ort schwierig abschätzen. Klar ist aber: darunter waren Minderjährige, solidarische Teilnehmenden sowie Mitarbeitende der Gewerkschaft.
«WIR BLEIBEN HIER!»
Für alle Demonstrierenden, die nicht in der Spitze eingekesselt wurden, war klar: «Wir bleiben hier!» Kurzerhand verlegte die Unia ihr 1.-Mai-Fest auf die durch die Polizei blockierte Strasse. Es wurde Essen verteilt und es wurden Reden und kleinere Musikeinlagen gehalten. Währenddessen löste die Polizei die eingekesselte Demospitze schleppend mit Personenkontrollen auf. Am späten Nachmittag liess die Polizei locker, und der Demozug konnte im kleinen Rahmen durch die Basler Innenstadt marschieren. Für die Unia war das Vorgehen der Polizei vor Ort völlig inakzeptabel: «Die Basler Regierung wird sich verantworten müssen für ihr Verhalten.»