Die Reinigungsfrauen der SOS Reinigung überraschten am 14. Juni mit einem fulminanten Streik. Das Resultat: Lohngleichheit, pünktliche Lohnzahlungen und Schluss mit Mobbing!
SIE KAMEN, STREIKTEN UND SIEGTEN: Ihr Mut zahlte sich für die Reinigerinnen aus. (Fotos: Matthias Luggen)
Punkt sieben Uhr geht nichts mehr bei der SOS Reinigung in Ebikon LU. Die Firma ist komplett blockiert. 30 Unia-Aktivistinnen, darunter mehrere Streikende der SOS, versperren die Einfahrt. Kein Fahrzeug kann das Areal mehr verlassen, keine Arbeitswilligen die Firma betreten. Wobei «arbeitswillig» hier kaum jemand scheint. Eine Mitarbeiterin, die mit Putzmaterial aus der Firma eilt, verschwindet hinter einem Auto. Offensichtlich sucht sie Deckung vor dem Blick der Chefin, die den Protest vom Büro aus beobachtet. Dann packt die Frau aus: «Endlich passiert mal was! Es ist wirklich schlimm hier. Es gibt null Respekt!»
«In einem Monat habe ich 290 Stunden gearbeitet.»
Ein interessierter Zuschauer tritt hinzu. Was hier los sei, will er wissen. Er sei nämlich noch neu in der Schweiz und habe heute seinen ersten Arbeitstag bei der SOS. «Besser nicht!» warnt eine ehemalige SOS-Mitarbeiterin. «Mir haben sie weder Kinderzulagen noch Reiszeiten bezahlt. Der Lohn kam zu spät, unvollständig und in bar. Und wenn du krank bist, musst du trotzdem antraben. Hier gehst du kaputt. Einmal habe ich in einem Monat 290 Stunden gemacht!» Zuletzt habe sie gekündigt, aber bis vor Gericht gehen müssen, um zu ihrem vollen Lohn zu kommen. Der Mann staunt, dankt und sucht umgehend das Weite.
PROTEST MIT KINDERWAGEN: Streikende SOS-Reinigerin. (Foto: Matthias Luggen)
HUPKONZERT
Dann tritt die Chefin aus der Firma, hässig, aber verhandlungsbereit. Ein Fall für Streikführerin und Unia-Sekretärin Ana Pica. Eine halbe Stunde verschwinden die beiden in einem Büro. Dann kehrt Pica zurück, mit einem Lächeln auf ihren rot nachgezogenen Lippen, in der Hand ein frisch unterzeichneter Vertrag. Pica liest laut vor: «Hiermit verpflichtet sich die SOS ab sofort zur Zahlung aller Reisezeiten, zur Herstellung der Lohngleichheit, zur pünktlichen Lohnzahlung, zur Bezahlung der Mittagsspesen und zu einem weiteren Treffen mit der Gewerkschaft am 5. Juli.»
Dann nämlich geht’s ans Eingemachte: Massnahmen gegen Mobbing und Respektlosigkeiten. Für diesen Morgen aber ist genug. Mit einem triumphalen Hupkonzert brausen die Frauen davon. Im Unia-Büro erwartet sie ein grosses Streik-Zmorge.