Frauen mussten in der Schweiz lange um grundlegende Rechte ringen: von fairen Renten über legale Abtreibungen bis zur Akzeptanz von Homosexualität. Das Projekt «zusammenfrauen» erinnert an diese Kämpfe.
AUF DIE STRASSE, IMMER WIEDER! Demonstrantinnen an der ersten nationalen Schwulendemo 1979 in Bern. (Foto: Gosteli-Archiv / Gertrud Vogler, Sozialarchiv)
Der Frauenstreik am 14. Juni war gross. Über 300 000 Menschen schlossen sich zusammen, um für Gleichberechtigung am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft zu kämpfen. Solche gemeinsamen Kämpfe gab es in der Vergangenheit viele. Das zeigt das Projekt #zusammenfrauen vom Gosteli-Archiv.
EINE RENTE FÜR FRAUEN
Zu einer der wichtigsten Erfolgsgeschichten gehört die 10. AHV-Revision. Bis 1995 hatten verheiratete oder geschiedene Frauen keinen Anspruch auf eine eigene AHV-Altersrente. Seit der Revision gilt das «Splitting»: damit haben auch verheiratete und geschiedene Frauen ein Recht auf Rente. Ein weiterer Durchbruch kam 1997: Die unbezahlte Sorgearbeit für Kinder oder pflegebedürftige Angehörige wird seither in die Rentenberechnung einbezogen. Für die Frauen ein riesiger Fortschritt! Sind es doch vor allem sie, die den Grossteil der unbezahlten Arbeit stemmen und so oft nur zu kleinen Pensen oder gar nicht erwerbstätig sein können. Was zu grossen Renteneinbussen führt.
Diese bedeutende AHV-Revision kam aber nicht von ungefähr: Sie wurde von verschiedenen Frauenorganisationen sowie am ersten Frauenstreik 1991 gefordert. Doch die AHV wird auch immer wieder angegriffen, zuletzt mit der Erhöhung des Frauenrentenalters von 64 auf 65 Jahre.
Eine Infobroschüre zur Abstimmung über die Fristenregelung 2002. (Foto: Gosteli-Archiv / Gertrud Vogler, Sozialarchiv)
«MEIN KÖRPER., MEINE ENTSCHEIDUNG»
Lina Gafner, Co-Direktorin des Gosteli-Archivs, sagt es so: «Man könnte nun meinen, das werde einfach immer besser. Wir Frauen hätten einmal wenig Rechte gehabt und immer mehr erhalten, und es brauche nur noch ganz wenig, dann sei alles gut. Aber so einfach ist die Geschichte leider nicht. Es gibt Rechte, die wieder in Frage gestellt werden, beispielsweise das Recht auf Abtreibung.»
Erst seit knapp 20 Jahren sind Abtreibungen in der ganzen Schweiz legal. Auch diesen politischen Durchbruch verdanken wir Frauen, die zusammen gekämpft haben. Und zwar lange: Bereits in den 1910er Jahren wurde die Forderung nach der Selbstbestimmung der Frau laut, 1977 scheiterte die erste Abtreibungsinitiative an der Urne. Und noch bis 2002 war es nicht in allen Kantonen legal, abzutreiben! Eine Frau durfte nur abtreiben, wenn sie sich in einer schweren körperlichen oder seelischen Notlage befand. Dann endlich wurde vor knapp 20 Jahren mit der Fristenregelung eine Initiative angenommen, dank der eine Abtreibung bis zur zwölften Schwangerschaftswoche nicht mehr strafbar ist.
ERKÄMPFTES MUSS ERHALTEN BLEIBEN
Doch rechtskonservative Kreise haben das Recht auf Abtreibung erst jüngst wieder ins Visier genommen. Bis am 21. Juni 2023 sammelte die SVP Unterschriften für zwei Initiativen, die den Zugang zur Abtreibung erschweren sollen. Doch der Angriff hatte keine Chance! Die nötigen Unterschriften kamen nicht zusammen.
Aber nicht bei allen Kämpfen haben sich die Frauen von Anfang an zusammengeschlossen. Im Kampf um die Akzeptanz von Homosexualität gab es lange Zeit eine Spaltung zwischen lesbischen Gruppierungen und Heterofrauen. Erst in den 1990er Jahren sahen feministische Gruppierungen ein, dass Lesben genauso gegen patriarchale Strukturen kämpften wie sie. Mit vereinten Kräften bewirkten sie politische und gesellschaftliche Veränderungen. Ein Höhepunkt war die angenommene Initiative «Ehe für alle», die es gleichgeschlechtliche Paaren seit 2022 erlaubt zu heiraten.
Das Gosteli-Archiv hat viele weitere historische Frauenkämpfe zusammengetragen. Für Co-Direktorin Gafner ist es wichtig, nicht nur einzelne Kämpferinnen ins Rampenlicht zu rücken, sondern die unterschiedlichen feministischen Bewegungen, die sich zusammentaten.
Weitere Meilensteine der Schweizer Frauenbewegung und spannendes Hintergrundwissen gibt es auf zusammenfrauen.ch und auf instagram.com/zusammenfrauen.