Schon über 100 Tage streiken Hollywoods Drehbuchschreibende, auch die Schauspielerinnen und Schauspieler schlossen sich ihnen an. In der Hauptrolle: «Die Nanny» Fran Drescher als Gewerkschaftspräsidentin.
STREIKFÜHRERIN: Schauspielerin Fran Drescher, bekannt als «Die Nanny». (Foto: Keystone)
Toupierte schwarze Locken, bunte Miniröcke und eine schrille Stimme im feinsten New Yorker Akzent: In den 1990er Jahren war Fran Drescher mit ihrer Serie «Die Nanny» einer der erfolgreichsten Hollywood-Stars. Auch in der Schweiz wurde die Comedy-Serie mit fast 150 Episoden fleissig geschaut. Fran Drescher besetzte nicht nur die Hauptrolle, sie war auch als Autorin und Produzentin für die Serie tätig. Eine talentierte Alleskönnerin. Das beweist sie auch in ihrer aktuellen Rolle als Präsidentin der Schauspielergewerkschaft Screen Actors Guild (SGA).
Zurzeit befindet sie sich in hitzigen Verhandlungen mit dem Produzentenverband Alliance of Motion Picture and Television Producers (AMPTP). Tausende Schauspielerinnen und Schauspieler in Hollywood streiken. Angefangen hat der Streik im Mai mit den Drehbuchautorinnen und -autoren der Gewerkschaft Writers Guild of America (WGA) (work berichtete: rebrand.ly/hollywoodstreik). Wenige Wochen später schlossen sich rund 160 000 Schauspielerinnen und Schauspieler an. Ein historischer Doppelstreik, der erste seit über 60 Jahren im glamourösen Hollywood. Der Grund: Für die Mehrheit der Beschäftigten bietet die dortige Filmindustrie miserable Arbeitsbedingungen.
Ohne Einigung steht die Oscar-Verleihung auf wackeligen Beinen.
SCHÄBIGE LÖHNE
Bessere Löhne gehören zu den dringendsten Anliegen der Streikenden. Wie Gewerkschaftsführerin Drescher dem Fernsehsender CNN sagt, leben viele Schauspieler und Schauspielerinnen am Existenzminimum: «86 Prozent verdienen weniger als 26 500 Dollar im Jahr.» Ähnlich wenig verdienen auch die Drehbuchautorinnen und -autoren. Damit kommen sie in Los Angeles, wo das Leben ähnlich teuer ist wie in der Schweiz, kaum über die Runden. Deshalb fordern die Gewerkschaften eine Lohnerhöhung von 11 Prozent. Ausserdem eine höhere Beteiligung an den Profiten der Streamingdienste und dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) für die Branche reguliert wird.
PROMIS SPENDEN
In der «Traumfabrik» Hollywood ist die Schere zwischen Arm und Reich immens. Aus Solidarität spenden nun namhafte Schauspielerinnen und Schauspieler an die Gewerkschaften. Darunter George Clooney, Meryl Streep und Dwayne Johnson. Die Gewerkschaften sprechen von Spendeneinnahmen von etwa 15 Millionen US-Dollar.
Doch nicht alle Filmstars stellen sich auf die Seite ihrer Kolleginnen und Kollegen. Jamie Lee Curtis («Ein Fisch namens Wanda» und «Everything Everywhere All at Once») sagt in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters: «Ich hoffe, ich kann in dieser Debatte die neutrale Schweiz sein. Ich hoffe, dass beide Seiten die Verhandlungen fortsetzen und gut miteinander kommunizieren können.» In den Verhandlungen stellt sich der Produzentenverband AMPTP stur. Teil des Verbandes sind Universal Pictures, Walt Disney, Streamingdienste wie Netflix und Amazon sowie mehrere Fernsehsender.
ZITTERN GEHT WEITER
Am Freitag, 11. August, liess der Verband die Verhandlungen mit den Autorinnen und Autoren platzen. Bis work-Redaktionsschluss wurden die Gespräche nicht wiederaufgenommen. Ein Ende der Streiks dürfte damit noch nicht in Sicht sein. Für viele Streikende wird es deshalb finanziell eng (siehe Interview unten). Aber auch die Filmindustrie zittert weiter. Ihr drohen wegen der Streiks Millionenausfälle. Die Emmy Awards mussten wegen der Ausstände schon auf nächstes Jahr verschoben werden. Und auch die Oscars stehen auf wackeligen Beinen. Sie finden traditionell im März statt.