Ratgeber
Lernende aufgepasst, das sind eure Rechte!

Mit dem Lehrbeginn ändert sich einiges: Jetzt sagt die Chefin oder der Ausbilder, was zu tun ist. Aber längst nicht jeder Auftrag muss einfach stillschweigend hingenommen werden. work sagt, was in der Lehre erlaubt ist – und wie du für deine Rechte einstehen kannst.STARK DURCH DIE LEHRE: Wer seine Rechte kennt, startet gut gerüstet ins Arbeitsleben. (Foto: Getty)

1 Ich muss dauernd Dinge erledigen, die nichts mit meinem Beruf zu tun haben. Darf ich mich wehren?

Ja. Deine Arbeitgeberin hat dir gegenüber einen Bildungsauftrag. Mit dem Lehrvertrag verpflichtet sich der Betrieb, dich fachgerecht im gewählten Beruf auszubilden. Aber natürlich wirst du gerade am Anfang eher leichte Arbeiten erledigen und auch mal kopieren oder Kaffeekochen müssen. Das Knowhow für Anspruchsvolles musst du dir ja erst noch aneignen. Falls du aber das Gefühl bekommst, dass die Aufgaben, die dir zugeteilt werden, über längere Zeit nichts mit dem Beruf zu tun haben, solltest du das Gespräch mit deiner Ausbilderin oder deinem Ausbilder suchen. In den Bildungsplänen und -verordnungen des Bundes ist für jeden Beruf festgehalten, welche Fähigkeiten vermittelt werden sollen. Du findest sie hier. Kommst du im persönlichen Gespräch nicht weiter, kannst du dich an deine Gewerkschaft oder an das kantonale Bildungsamt wenden.

2 Ich habe ADHS. Habe ich in der Lehre Anrecht auf Unterstützung?

Wenn eine Ärztin oder ein Arzt bei dir eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) festgestellt hat, hast du das Recht auf Unterstützungsmassnahmen. Bei der Abschlussprüfung zum Beispiel kannst du mehr Zeit einfordern oder zusätzliche Pausen einlegen. Dafür musst du aber frühzeitig beim Bildungsamt deines Kantons ein Gesuch einreichen.

Wichtig für dich zu wissen: Ob du deiner Lehrmeisterin oder deinem Chef sagst, dass du ADHS hast, entscheidest ganz alleine du! Rechtlich gesehen bist du nicht verpflichtet, deinen Betrieb zu ­informieren. Dazu schreibt die ADHS-Organisation Elpos: «Es besteht keine Auskunftspflicht über AHDS. Je nach Situation hilft es jedoch, offen mit den Vorgesetzten zu sein. So entsteht eine Vertrauensbasis, und es kann gemeinsam nach Lösungen gesucht werden.»

Mehr zu ADHS in der Lehre und eine Liste von Beratungsstellen findest du unter elpos.ch.

3 Ich fühle mich dauergestresst und habe Angst, die Lehre nicht zu schaffen. Was kann ich tun?

Vertraue dich unbedingt jemandem an – deinen Eltern, deiner Ausbilderin, einem Lehrer –, oder melde dich bei der Beratungsstelle deiner Schule. Es gibt Möglichkeiten, um dich zu entlasten, wie zum Beispiel Stützkurse. Im Lehrbetrieb kannst du um mehr Zeit bitten, um für den berufsbildenden Unterricht zu lernen, und Mitarbeitende können dir in einigen Fächern unter die Arme greifen.

4 Wie lange dauert ein Arbeitstag?

Deine Arbeitszeit ist im Lehrvertrag geregelt, sie darf pro Tag aber nicht mehr als neun Stunden betragen. Ausserdem darf dein Arbeitstag nicht länger dauern als jener der anderen Mitarbeitenden im Betrieb. Bist du noch minderjährig, solltest du vor Berufsschultagen bis um maximal 20 Uhr arbeiten müssen. Ganz allgemein dürfen Jugendliche bis zum vollendeten 16. Altersjahr höchstens bis 20 Uhr arbeiten. Jugendliche, die älter sind als 16, höchstens bis 22 Uhr. Minderjährige haben gemäss Jugendarbeitsschutz Anrecht auf eine Pause von mindestens zwölf Stunden zwischen zwei Arbeitsschichten. Das heisst, dass auf eine Spätschicht keine Frühschicht folgen darf. Hier gibt es Ausnahmen je nach Beruf, Branche und Alter der lernenden Person.

Die Seco-Broschüre zum Jugendarbeitsschutz bietet einen guten Überblick zu Fragen rund um den Schutz von Jugendlichen im Arbeitsleben.

work-Tipp: Günstiger ins Kino & Co.

Als Lernende oder Lernender bekommst du bei Lehrbeginn einen Ausweis, der in der Regel von der Berufsfachschule ausgestellt wird. Damit kannst du belegen, dass du dich in Ausbildung befindest. Mit diesem Ausweis kannst du von ­vielen Vergünstigungen profitieren, zum Beispiel im öffentlichen Verkehr, in Kinos und Museen, im Theater, in Buchhandlungen, beim Kauf eines Computers, aber auch bei Sportanlässen und Zeitungs- und Magazin-Abos. Nachfragen lohnt sich!

5 Muss ich nachts und am Sonntag arbeiten?

Grundsätzlich ist Nacht- und Sonntagsarbeit für Jugendliche verboten. Der Jugendarbeitsschutz sieht aber Ausnahmen vor, wenn Nacht- oder Sonntagsarbeit zwingend nötig sind, um die Ausbildungsziele der Lernenden zu erreichen. Dies gilt zum Beispiel für ­angehende Bäckerinnen, Köchinnen und Pfleger. Die betroffenen Berufe hat das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) in einer Verordnung aufgeführt.

6 Ich bin Pfadileiterin. Kann ich fürs Pfadilager Extraferien beantragen?

Grundsätzlich hast du als Lernende bis zum vollendeten 20. Lebensjahr Anrecht auf mindestens fünf Wochen bezahlte Ferien im Jahr. Wenn du dich in deiner Freizeit ehrenamtlich engagierst, etwa als Pfadileiterin, als Leiterin in einem Jugend + Sport-Lager (J + S) oder als Helferin in einer sozialen Einrichtung, kannst du eine zusätzliche (unbezahlte) Ferienwoche beantragen – den sogenannten Jugendurlaub. Dein Lehrbetrieb muss dir den Jugendurlaub bewilligen, wenn du ihn mindestens zwei Monate vor der geplanten Woche mit dem entsprechenden Formular anmeldest. Jugendurlaub gibt es bis zum 30. Altersjahr. Während des Jugendurlaubs hast du keinen Anspruch auf Lohn – sofern in deinem Arbeitsvertrag oder in einem Gesamtarbeitsvertrag nicht etwas anderes abgemacht wurde.

7 Darf mir meine Chefin oder mein Chef das Handy wegnehmen?

Der Lehrbetrieb darf es dir verbieten, während der Arbeitszeit das Handy für private Zwecke zu nutzen – du bist ja zum Arbeiten da. Wenn du dich an die Regeln deiner Arbeitgeberin hältst, darf sie dir das Handy aber nicht wegnehmen. In den meisten Betrieben gibt es Bestimmungen, ob und wie lange Internet und Handy während der Arbeit privat genutzt werden dürfen. Verboten ist es natürlich, illegale Inhalte wie zum Beispiel Pornos herunterzuladen. Damit riskierst du eine fristlose Kündigung. Auf deine Handydaten und Mails dürfen Vorgesetzte ausnahmsweise und unter gewissen Voraussetzungen zugreifen, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt, dass du zum Beispiel geheime Daten weitergeleitet hast. Wenn du das Gefühl hast, zu Unrecht kontrolliert oder überwacht zu werden, hol dir Hilfe bei deiner Gewerkschaft oder bei der kantonalen Datenschutzaufsichtsstelle.

Wo drückt bei dir der Schuh in der Lehre? Die Unia will’s wissen! Füll die Umfrage aus und nimm an der Verlosung teil. Zu gewinnen gibt’s ein E-Trottinett und Kinogutscheine. Jetzt mitmachen unter: rebrand.ly/lernenden-umfrage.


Schikanen im Lehrbetrieb Mobbing? wehr dich

Gibt es Vorgesetzte oder Mitarbeitende, die dich schikanieren, dich bewusst ausschliessen oder dir drohen? Das solltest du auf keinen Fall akzeptieren. Da sich Mobbing meistens nicht von selbst erledigt und es sich je nachdem sogar um eine Straftat handelt, solltest du aktiv werden und dich jemandem anvertrauen – ­deinen Eltern oder einer Vertrauenslehrperson zum Beispiel. Aussenstehenden fällt es oft leichter, die Lage zu beurteilen, und sie können dir vielleicht erste Tipps geben, wie du dich verhalten kannst. Ändert sich nichts, wende dich an deine Ausbilderin oder an deinen Ausbilder.

BEWEISE SAMMELN. Bringt auch dieser Schritt keine Verbesserung, solltest du dich beim kantonalen Berufs­inspektorat melden, das für die Lehraufsicht verantwortlich ist. Hol dir dazu auch ­Unterstützung bei der Unia in deiner Region oder bei einer Beratungsstelle. Die Adressen findest du auf mobbing-zentrale.ch. Grundsätzlich ist es hilfreich, alles zu sammeln, was das Mobbing belegt. Also mündliche Be­leidigungen mit Datum und Ort zu notieren, erniedri­gende Mails auszudrucken usw.

2 Kommentare

    • Patricia D'Incau 18. August 2023 um 14:01 Uhr

      Vielen Dank für den Hinweis, der Fehler wurde korrigiert.

      Freundliche Grüsse,
      für die Redaktion

      Patricia D’Incau

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.