Ein brutaler Frauenmord erschüttert die Bevölkerung in und um Bosnien und Herzegowina. Die Frauen vor Ort fordern sofortige Massnahmen und besseren Schutz.
FASSUNGSLOS: Tausende Frauen und Männer trugen nach dem Mord in Gradačac ihre Wut auf die Strasse. (Foto: KLIX)
Anfang August geschah in Gradačac, einer Kleinstadt im Norden von Bosnien und Herzegowina, ein schockierender Mord: Nevzeta Hećimović (37) wurde von ihrem Ehemann brutal getötet. Der Täter hat den Mord auf dem sozialen Netzwerk Instagram live übertragen. Obwohl Hećimović versuchte, sich gegen ihren gewalttätigen Mann zu wehren, kam jede Hilfe zu spät.
Wenige Tage vor dem Femizid zeigte die junge Mutter, die Schutz bei Verwandten gesucht hatte, ihren gewalttätigen Mann bei der örtlichen Polizei an und beantragte ein Kontaktverbot beim Gericht. Laut diversen Medien hatte sie bereits zu diesem Zeitpunkt Spuren von Schlägen im Gesicht. Die Behörden unternahmen trotz der Anzeige nichts. Sie lehnten das Kontaktverbot sogar ab, obwohl ihr Mann bereits mehrfach vorbestraft war. Wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit, häuslicher Gewalt und versuchten Mordes.
Der Täter war vorbestraft, trotzdem taten die Behörden nichts.
MEHR SCHUTZ, SOFORT!
Am 11. August wurde Hećimović von ihrem Mann vor den Augen ihres gemeinsamen Kindes brutal zusammengeschlagen. Anschliessend zückte der Mörder sein Handy und filmte live auf Instagram, wie er ihr mit einer Waffe in den Kopf schoss. 12 000 Menschen sahen sich die Horrortat live an. Der Täter zog weiter, erschoss weitere zwei Personen und verletzte drei schwer. Dann tötete er sich selbst.
Der Femizid löste eine Welle von Demonstrationen aus. Die Wut der Frauen ist gross, in mehreren Städten in Bosnien und Herzegowina gingen sie auf die Strasse. Die Forderungen werden auf ihren Demo-Schildern mehr als klar: Gewalt an Frauen muss ernst genommen werden, und es braucht sofortige Schutzmassnahmen. So steht bei einer Protestaktion in der bosnischen Stadt Bijeljina auf einem Schild: «Freundin, sprich über Gewalt, weil deine Stimme die Rettung für eine andere Frau sein könnte.»
Auch in den Nachbarländern wurde protestiert: unter anderem in Zagreb, der Hauptstadt Kroatiens, sowie in Novi Sad, der zweitgrössten Stadt Serbiens.
Schweiz: Schon zwölf Femizide dieses Jahr
Auch in der Schweiz ist die Gewalt an Frauen gross. Laut der Plattform «Stop Femizid» wurden dieses Jahr bereits 12 Frauen ermordet. Alle zwei Wochen wird eine Frau von ihrem Ehemann, Lebensgefährten, Ex-Partner, Bruder oder Sohn getötet. Wer von häuslicher Gewalt weiss oder selbst betroffen ist, findet auf der Website mehrerer Anlaufstellen Hilfe. Mehr Informationen unter: stopfemizid.ch. (dak)