Markus Widmer von der Unia-Arbeitslosenkasse beantwortet Fragen aus der Arbeitswelt.
Ich bin Ausländer und habe an der Universität Bern Geographie studiert. Da ich nach dem Studium nicht sofort eine Arbeitsstelle gefunden habe, war ich gezwungen, Arbeitslosentaggeld zu beziehen. Zwei Jahre später hat mir die Arbeitslosenkasse mitgeteilt, dass sie mir das Arbeitslosentaggeld zu Unrecht ausgezahlt habe, da ich vor dem Bezug nicht 10 Jahre in der Schweiz gewohnt und deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosentaggeld gehabt hätte. Die Arbeitslosenkasse hat das gesamte ausgezahlte Arbeitslosentaggeld zurückgefordert. Mein Erlassgesuch wurde abgelehnt mit der Begründung, es liege keine grosse Härte vor. Wie kann das sein?
SCHLECHTER BESCHEID: Fordert die Arbeitslosenkasse ausgezahlte Taggelder zurück, ist ein Erlass zwar möglich, doch die Hürden sind hoch. (Foto: Tim Reckmann / ccnull.de)
MARKUS WIDMER: Damit die kantonale Amtsstelle ein Erlassgesuch gutheissen kann, muss neben der Gutgläubigkeit auch das Kriterium der grossen Härte erfüllt sein. Eine grosse Härte in diesem Sinne liegt vor, wenn Einkommen und Vermögen so tief sind, dass Anspruch auf Ergänzungsleistungen bestünde. Ihren Angaben nach ist zu vermuten, dass Sie ein zu hohes Einkommen oder Vermögen aufweisen. Wir empfehlen Ihnen, mit der Arbeitslosenkasse zu sprechen und den Betrag in Raten zurückzuzahlen. Gemäss den Richtlinien des Seco muss der Betrag in zwei Jahren zurückgezahlt werden. Ihre monatliche Rate muss somit mindestens dem 24. Teil der Gesamtschuld entsprechen.
Versehentliche Auszahlung: Hat mein Erlassgesuch eine Chance?
Ich hatte mein Zwischenverdiensteinkommen korrekt angegeben. Die Arbeitslosenkasse hat dies übersehen und mir versehentlich das volle Arbeitslosentaggeld ausgezahlt. Die Arbeitslosenkasse fordert nun den zu viel ausgezahlten Betrag zurück. Der Verfügung kann ich entnehmen, dass ich die Möglichkeit habe, ein Erlassgesuch zu stellen. Wie beurteilen Sie die Chancen eines Erlassgesuches?
MARKUS WIDMER: Bei einem Erlassgesuch prüft die kantonale Amtsstelle, ob ein guter Glaube und eine grosse Härte vorliegen. Nur wenn beides gegeben ist, darf die kantonale Amtsstelle Ihr Erlassgesuch gutheissen. Beim Prüfen des guten Glaubens wird die kantonale Amtsstelle u. a. prüfen, ob Sie sich keiner groben Nachlässigkeit schuldig gemacht haben. In ähnlichen Fällen hat die Amtsstelle ein Erlassgesuch mit der Begründung abgelehnt, es sei dem Versicherten zuzumuten, die Zahlungseingänge zu prüfen und ausserordentliche Abweichungen der Arbeitslosenkasse zu melden. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird die Amtsstelle daher also die Gutgläubigkeit verneinen und Ihr Erlassgesuch ablehnen.