Die Schweiz benötigt viel mehr Elektrikerinnen und Elektriker. Schlicht und einfach, weil sie elektrifiziert wird. Und all diese Fachkräfte gibt’s nur mit höheren Löhnen und der Viertagewoche.
WETTEN, DASS: Elektrolastwagen wie dieser von Mercedes werden innert dreier Jahre die Schweiz überrollen. Schon deshalb benötigen wir mehr Stromerinnen und Stromer. (Foto: ZVG)
Wir brauchen in der Schweiz mittelfristig den Zubau von 25 Milliarden Kilowattstunden Winterstrom. Neue Atomkraftwerke haben, wenn wir den Umfragen glauben wollen, dank den Frauen keine Chance. Hoffen wir, dass es so bleibt. Auch günstige Strom- oder Wasserstoffimporte aus Nordafrika werden es schwer haben, weil Frau und Herr Schweizer Angst haben vor Krisenherden. Wir werden absehbar nicht darum herumkommen, grosse solare Freiflächenanlagen in der Schweiz zu erstellen. Vielleicht werden wir im Mittelland im Sommer Wasserstoff produzieren, aus dem wir im Winter dank immer effizienteren Brennstoffzellen viel Strom und etwas Wärme produzieren. Oder wir bauen alpine Solaranlagen, die im Winter gleich viel Strom produzieren wie im Sommer. Dies dank Batterien Tag und Nacht. Und erst noch bedarfsgerecht. Es wird einen Wettbewerb der Ideen, der Konzepte und der Preise geben.
Nur eines ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Es wird viel mehr Elektrikerinnen und Elektriker brauchen. Und die Jungen werden nur einsteigen, wenn erstens die Löhne stei-gen und zweitens Viertagewochen erlauben, Beruf und Familie besser zu kombinieren. Die wahren Wirtschaftsförderinnen in diesem Prozess sind die Gewerkschaften. Sie dürfen ihre solaren Lichter nicht unter die Scheffel stellen.
ELEKTROSCHOCK 1: Mercedes bringt jetzt einen elektrischen 42-Tonnen-Laster, der eine Reichweite von 500 Kilometern aufweist. Und den man bald einmal innert 30 Minuten von 20 auf 80 Prozent nachladen kann. Die Rahmenbedingungen in der Schweiz sind (noch) ideal: Elektrolastwagen bezahlen – im Gegensatz zu Diesel-Brummern – keine LSVA, keine Schwerverkehrsabgabe. Diese macht heute für Diesel-Lastwagen der neuesten Generation einen Franken pro Kilometer aus. Das muss sinnvollerweise so lange so bleiben, bis mindestens 70 Prozent der Lasten in der Schweiz durch Elektro-Brummis bewegt werden. Es wird so oder anders blitzschnell gehen. Lastwagenmechaniker müssen zu Elektromechanikern umgeschult werden. Und Lastwagenmechanikerinnen ebenfalls. Das ist über alles gesehen eine grosse Chance.
ELEKTROSCHOCK 2: In den USA werden 80 Prozent aller Bauten mit Klimaanlagen gekühlt. Diese Entwicklung wird sich auch in der wärmer werdenden Schweiz durchsetzen. Moderne Wärmepumpen können sowohl heizen wie kühlen. Sie werden laufend effizienter und billiger. Effizienter bedeutet: Man muss nicht den bestehenden Gebäudepark aufwendig sanieren, um mit Wärmepumpen auch im Winter den Grossteil der Energie für Heizen und Warmwasser zu produzieren. Wärmepumpen werden wir bald einmal wie Kühlschränke und Tumbler ab Stange kaufen können. Die grösste Hürde war, ist und bleibt der Einbau der Wärmepumpen. Und hier braucht es neben toughen Fachkräften aus der Sanitärbranche nicht minder toughe Elektrikerinnen und Elektriker.
Selbst die NZZ stellt mit Verwunderung fest, dass trotz Mangel die realen Löhne der Fachkräfte in der Schweiz nicht steigen, sondern sinken. Auch in der Elektrobranche. Erst recht, wenn der Teuerungsindex die Explosion der Krankenkassenprämien korrekt spiegeln würde. Was heute leider nicht der Fall ist: er spiegelt sie fünf Mal zu tief.
Links zum Thema:
- rebrand.ly/elektro-truck Alle, die Freude am technischen Fortschritt haben, sollten sich dieses Video anschauen. Die Quelle ist weder rot noch grün eingefärbt, sondern die deutsche Zeitschrift «Auto, Motor und Sport».
- rebrand.ly/davos-solaranlage Die SP stellt den Landammann von Davos. Davos will im bestehenden Skigebiet eine Solaranlage erstellen, die 3000 Haushalte versorgen kann. Die Bevölkerung wird noch dieses Jahr darüber abstimmen. Davos – diese seltsame Stadt in den Alpen – will bis 2030 klimaneutral sein. Hut ab!