In Anbetracht der Milliardengewinne, die Ölkonzerne wie BP, Shell oder Socar einfahren, sind Mindestlöhne in Tankstellenshops das mindeste. Nun gelten sie endlich auch im Tessin.
ENDLICH: Auch im Tessin gelten nun Mindestlöhne an Tankstellen. (Foto: Keystone)
Der Bundesrat hat die Beschwerden einiger Tessiner Tankstellenbetreiber abgewiesen. Die von Gewerkschaften und Arbeitgebern vereinbarten Mindestlöhne im landesweit gültigen GAV werden damit auch für das Tessin verbindlich erklärt.
Die Tessiner Ausnahmeregelung aus dem Jahr 2017 wird damit aufgehoben. Der Beschluss des Bundesrates betrifft etwa 1000 Personen an über 150 Tankstellen. Ab dem 1. November erhalten ungelernte Arbeiterinnen und Arbeiter in den Tessiner Tankstellenshops damit einen Lohn von 3540 Franken und diejenigen mit einer Ausbildung einen Mindestlohn von bis zu 3900 Franken. Ab dem 1. Januar 2024 steigen die dreizehn Monatslöhne der Ungelernten dann gemäss dem national vereinbarten Mindestlohn auf 3630 Franken, die der Qualifizierten auf bis zu 4000 Franken. Dies ist eine deutliche Verbesserung gegenüber dem heutigen kantonalen Mindestlohn im Tessin.
Ihre Ausrede zeigt die Verachtung gegenüber ihrem Personal.
DIE AUSREDE. Die Tessiner Tankstellenchefs argumentierten, dass die bisher im Tessin gezahlten Löhne ausreichend seien, weil die meisten Arbeitnehmenden Grenzgänger seien. Zudem sei es schwierig, einheimische Arbeitnehmer zu finden, weil die Arbeit in den Shops zu unbeliebt sei. Für Chiara Landi, Leiterin des Dienstleistungssektors bei der Unia Tessin, zeigt dies die Verachtung der Tessiner Tankstellenbetreiber für ihr Personal. «Dies ist einer der unanständigsten Punkte, mit denen die Tessiner Arbeitgeber die Mindestlöhne in den Shops verhindern wollten.» Der Bundesrat habe die Tankstellenbetreiber daran erinnert, dass das Gegenteil der Fall ist: Die Arbeit in den Tankstellenshops wird von den Einheimischen vor allem wegen der zu niedrigen Löhne gemieden.
DIE ERRUNGENSCHAFTEN. Der erneuerte nationale GAV hat neben den Mindestlöhnen die Arbeitsbedingungen der Tankstellenmitarbeitenden in der ganzen Schweiz seit 2017 grundsätzlich verbessert. So wurde im Tankstellen-GAV das Recht auf zwei freie Tage pro Woche festlegt, die mindestens einmal im Monat aufeinander folgen müssen. Arbeitnehmende müssen zudem an mindestens zehn Wochenenden pro Jahr frei haben, und der Mutterschaftsurlaub wird ab dem dritten Dienstjahr auf 16 Wochen verlängert.