Manuel Käppler (37), Unia-Sekretär und Co-Präsident der Arbeitsmarktkontrollstelle für das Basler Baugewerbe (AMKB), hat zum Fall Rohner eine klare Meinung.
Manuel Käppler. (Foto: Unia)
work: Herr Käppler, wann haben Sie zuletzt Zustände wie auf dem Rohner-Areal gesehen?
Manuel Käppler: Das ist der grösste Lohndumping-Fall, den ich in den letzten fünf Jahren erlebt habe. Die Arbeiter wurden zu unwürdigen, ausbeuterischen Bedingungen eingesetzt. Dank unseren Kontrollen haben sie jetzt aber die Chance, Tausende von Franken einzuklagen. Und im lokalen Gewerbe zeigt sich, wie immer bei solchen Fällen, ein Aha-Effekt: Lohnkontrollen sind also doch nötig!
Wie sind Sie dem Skandal auf die Schliche gekommen?
Es braucht nicht unbedingt Detektivkünste, aber ein gut aufgestelltes Kontrollorgan, das flächendeckend kontrolliert und die Ressourcen hat, auch schwierige Fälle seriös anzugehen. In Baselland haben wir das dank einem modernen Gesetz. Es verpflichtet den Kanton, die Kontrolltätigkeit zu unterstützen.
2021 hatte die AMKB verlangt, der Kanton müsse die Rohner-Baustelle dichtmachen. Und dann?
Die Auftraggeberfirma versicherte, dass sie die Verstösse korrigieren wolle und sich an die Gesetze halten werde. Dem Kanton waren durch diese Zusicherungen offenbar die Hände gebunden. Aber bis man wieder Verstösse feststellte, waren die Firmen längst über alle Berge.
Trotzdem drohen den Firmen jetzt Sperren und Bussen. Haben solche Strafen überhaupt die gewünschte Wirkung?
Das Schwierigste ist, die Ansprüche der Ausgebeuteten einzuklagen. Das muss immer im Einzelfall und zuerst gegen die ausländische Firma geschehen. Eine Stärkung der Auftraggeberhaftung und ein Verbandsklagerecht würden helfen.
Im Baselbiet verlangen nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch die Arbeitgeber immer wieder härtere Strafen. Woran hapert’s denn noch?
Das Baselbiet ist aufgrund der Grenznähe und der guten Zusammenarbeit zwischen Kanton, Arbeitgebern und Arbeitnehmern tatsächlich sehr weit beim Lohnschutz. Bei den Sanktionen sind aber alle an den rechtlichen Rahmen gebunden – und wie gesagt, können die einzelnen Ansprüche nur die Arbeiter selber einklagen.
Die EU und bürgerliche Kräfte in der Schweiz stellen aktuell zentrale Elemente der flankierenden Massnahmen in Frage. Was hiesse das für den Fall Rohner?
Fast alles, was an Abbau diskutiert wird, hätte katastrophale Auswirkungen. Die Kautionspflicht stellt sicher, dass Firmen nicht quasi gratis eine neue Rechtspersönlichkeit annehmen können, wenn sie mit einer Dienstleistungssperre belegt wurden; die Dienstleistungssperre selbst ist ein wirksames Mittel, um Firmen dazu zu bringen, bei Kontrollen zu kooperieren. In diesem Fall speziell wichtig: die Spesenregelung des Metallgewerbe-GAV macht je nach Arbeiter zwischen 30 und 50 Prozent des vorenthaltenen Geldes aus. Wäre den Arbeitern Spesen nach polnischen Regeln bezahlt worden – und genau das wollen die EU und der Bundesrat ja künftig –, dann hätten sie ihre Essensauslagen aus den mickrigen Löhnen decken müssen. Und Schweizer Firmen und Schweizer Löhne wären noch mehr unter Druck geraten.