EMPÖRT: Die Menschen auf der Strasse finden bei Macron kein Gehör. (Foto: Keystone)
Nur Stunden nachdem ein Polizist in der Pariser Banlieue den siebzehnjährigen Nahel bei einer Kontrolle erschossen hatte, brannte im Sommer in 550 Städten Frankreichs die Revolte. Eine Aufrührerin sagte: «Jede und jeder von uns könnte Nahel sein. Die Gewalt der Polizei, ihr Rassismus und die Diskriminierung im Job sind unser Alltag.»
Polizeigewalt gebe es nicht, sagt Frankreichs Regierung.
BRUTAL. Präsident Macron liess die Unruhen mit Brutalität niederschlagen, so wie er es mit den Gelbwesten, den Gewerkschaftsdemos und den Rentenprotesten getan hatte. Es gab Tote und Hunderte von Verletzten, 1800 wurden durch Schnellgerichte verurteilt, 30 Prozent davon waren unter 16 Jahre alt.
Vier Monate später hat die Regierung immer noch nicht verstanden, was der zündende Funke war. Polizeigewalt gebe es nicht, sagt sie. Ebenso wenig Rassismus oder Diskriminierung. Soziale Gründe spielten keine Rolle. Die Unruhen, meinte Präsident Emmanuel Macron, seien das Ergebnis von schwindender Autorität, Videospielen und laschen Eltern.
FASSUNGSLOS. Wer sich mit den Lebensbedingungen in den Vorstädten Frankreichs auskennt, war fassungslos. Zuvorderst die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der betroffenen Städte. Konsterniert nehmen sie jetzt auch die Massnahmen der Regierung zur Kenntnis. Knapp gefasst: mehr Repression, Gefängnis, Ausgangssperren und eine Form von Militärdienst für die Jungen, drastische Bussen und Umerziehung für die Eltern. Und der Wohnungsbau, die Schule, die Rückkehr des Service public in die Quartiere? Ja schon, nur hat die Regierung leider gerade die Budgets zusammengestrichen.