Der grösste Schweizer Medienkonzern TX Group entlässt 80 Medienschaffende. Bei einer Protestaktion forderten 200 Mitarbeitende und solidarische Journalistinnen und Journalisten ein Ende der Abbauspirale.
HABEN DIE NASE VOLL: Journalistinnen und Journalisten der TX Group demonstrieren gegen den Sparwahn der Konzernleitung. (Foto: Keystone)
Die TX Group ist der grösste private Schweizer Medienkonzern mit über 3000 Mitarbeitenden. Die bekanntesten Medientitel sind «Tages-Anzeiger», «20 Minuten», «Der Bund» und in der Romandie «24 heures» und «Le Matin Dimanche». Das grosse Geld aber macht die TX Group mit ihren Online-Portalen: Homegate, Ricardo, Tutti und vielen weiteren. Auch in der Werbebranche ist der Konzern mit der Zürcher Werbefirma Goldbach und dem Anfang 2023 gekauften Schweizer Ableger des US-Werbeanbieters Clear Channel mit Plakaten und digitalen Screens im öffentlichen Raum omnipräsent. Für die Aktionärsfamilie Coninx ist die TX Group eine Geldmaschine. Sie konnte sich in den letzten 25 Jahren jährliche Dividendenzahlungen von fast 40 Millionen Franken sichern. Auch der Verleger und TX-Verwaltungsratspräsident Pietro Supino wurde letztes Jahr mit 1,7 Millionen Franken «entschädigt». Ex-SP-Ständerätin Pascale Bruderer kassierte immerhin 120 000 Franken für ihr Verwaltungsratsmandat.
PROTESTAKTION
Doch die Journalistinnen und Journalisten profitieren nicht von der Expansion. Ganz im Gegenteil: Der Konzern kündigte 80 Entlassungen an. Besonders hart trifft es die Belegschaft in der Romandie, wo 48 Mitarbeitende ihren Job verlieren. Bei «20 Minutes» und Le Matin.ch sind dies ein Viertel aller Mitarbeitenden. Der Journalist Philippe Reichen, Korrespondent von Tamedia in Lausanne, schilderte die miserable Stimmung auf den Redaktionen: «Viele sind erschöpft, desillusioniert und zynisch. Auf eine Abbaurunde folgt die nächste.» Und er fügte an die Adresse der TX-Konzernleitung an: «Die Schweiz hört nicht in Freiburg auf.»
Bereits zwischen 2009 und 2014 richtete der Medienkonzern einen regelrechten Kahlschlag an. Damals übernahm Tamedia das Westschweizer Verlagshaus Edipresse, den «Bund» und die «Berner Zeitung» sowie verschiedene Zürcher Lokalzeitungen. Mit der Zusammenlegung der Redaktionen und Umstrukturierungen verloren Hunderte Menschen ihre Jobs.
Medien: Seit fast 20 Jahren ohne GAV
2004 stieg der Schweizer Verlegerverband einseitig aus dem Presse-GAV aus. Danach haben sich die Arbeitsbedingungen in der ganzen Branche verschlechtert. Seit 2017 verhandeln die Gewerkschaften Syndicom und Impressum wieder mit den Verlegern. Der GAV soll höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen und einen besseren Kündigungsschutz bringen. Doch der Verlegerverband mit dem Ehrenpräsidenten Pietro Supino weigert sich auch dieses Jahr, einen neuen GAV zu unterzeichnen.