Alle Jahre wieder erscheint in der «Bilanz» die Liste der Superreichen. Auch dieses Mal ist sie gleichzeitig unterhaltsam, erschreckend und erhellend.
Auf 795 Milliarden Franken schätzt das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» das Vermögen der 300 reichsten in der Schweiz lebenden Menschen. Das ist ein Rückgang um 3 Prozent. Doch dieser Rückgang um 26 Milliarden im Vergleich zum Vorjahr hat vor allem einen Grund: Die Ikea-Erben Peter, Jonas und Mathias Kamprad werden 41 Milliarden Franken «ärmer» als im Vorjahr eingeschätzt. Der Grund: Die Familienstiftung, in der der grösste Teil des geerbten Vermögens liegt, hat einen neuen Artikel in der Satzung, der besagt, dass ihre Mittel «unter keinen Umständen zugunsten der Familie» eingesetzt werden dürfen. Die Bilanz rechnet den Kamprad-Brüdern deshalb dieses Jahr «nur» noch 13 bis 14 Milliarden Franken zu.
Das heisst: Sie steigen von Platz 1 auf Platz 10 ab. Und werden vom Blocher-Clan überholt: Vater und Kinder kommen zusammen auf 14 bis 15 Milliarden Franken. Als Christoph Blocher 2003 Bundesrat wurde, schätzte die «Bilanz» das Blocher-Vermögen noch auf «nur» 2,5 Milliarden. Der Milliardärs-Clan hat seither also gewaltig vorwärts und in die eigene Tasche gemacht.
Die Kamprad-Erben an der Spitze abgelöst hat Gérard Wertheimer (72). Er besitzt zusammen mit seinem Bruder Alain den Mode-Konzern Chanel, den sie von ihrem Grossvater Pierre geerbt haben. Gérard lebt im Kanton Genf und besitzt 49 Prozent der Aktien, was einem Wert von 41 bis 42 Milliarden Franken entspricht. Sein Bruder Alain (75) besitzt zwar 51 Prozent und ist damit noch ein bisschen reicher, er lebt aber in New York.
Hinter Wertheimer folgen auf
Platz 2 (Vorjahr 3): Die Roche-Erben-Familien Hoffmann, Oeri und Duschmalé mit 26 bis 27 Milliarden Franken.
Platz 3 (Vorjahr 4): Klaus-Michael Kühne, deutscher Steuerflüchtling und Besitzer des Logistikkonzerns Kühne & Nagel, mit 24 bis 25 Milliarden Franken.
Platz 4 (Vorjahr 5): Die Banker-Familie Safra mit 22 bis 23 Milliarden Franken.
Platz 5 (Vorjahr 6): Die Reeder-Familie Aponte mit 18 bis 19 Milliarden Franken. Mehr zu ihnen im work-Portrait rebrand.ly/aponte.
MILLIARDENPOLITIK
Es ist kein Geheimnis, dass die bürgerlichen Parteien (Steuer-)Politik für die Reichen und die Konzerne machen. Dafür ist es nicht einmal nötig, dass sich die Superreichen im Parlament abmühen. Sie lassen abmühen. Die aktuell einzige Ausnahme ist Magdalena Martullo-Blocher, die nicht nur das ökonomische, sondern auch das politische (Vor-)Erbe ihres Vaters angetreten hat. Noch ist sie die einzige Milliardärin im Nationalrat, doch mit Beginn der neuen Legislatur bekommt sie ein Gspänli. Für die Solothurner FDP zieht Milliardenerbe Simon Michel in den Nationalrat. Die Michels (Medtech-Konzern Ypsomed) haben ein Familienvermögen von 3,5 Milliarden. Simon Michel ist CEO und aus dem Kanton Bern in den steuergünstigeren Kanton Solothurn gezügelt. Jetzt wurde er auf den letzten verbliebenen Solothurner FDP-Sitz im Nationalrat gewählt. Als Nachfolger von Kurt Fluri. Ein Milliardenerbe vertritt den einst stolzen Solothurner Volksfreisinn. Sein Vorgänger Kurt Fluri hatte sich als Sohn einer früh verwitweten Weisswäscherin seinen sozialen Aufstieg noch hart erarbeiten müssen.
99,9967% CHANCENLOS
Die jährliche Reichstenliste ist seit 35 Jahren eine Fleissarbeit der «Bilanz»-Journalistinnen und -Journalisten. Sie ist unterhaltsam. Und erhellend auch. Vor allem, wenn man daran denkt, dass es 99,9967 Prozent der in der Schweiz lebenden Menschen nie darauf schaffen werden. Nicht, weil sie dumm und faul wären. Sondern weil das System es nicht vorsieht. Denn die Mehrheit der Vermögen sind entweder geerbt oder erspekuliert. Erarbeitet sind die wenigsten. Und dar-um haben auch die wenigsten ein nennenswertes Vermögen. Das zeigt auch die Steuerstatistik des Bundes Jahr für Jahr mit jeweils über einem Jahr Verspätung. Konkret war das Reinvermögen der reichsten 10 Prozent der Schweizer Steuerpflichtigen 2019 mehr als drei Mal so hoch wie das Reinvermögen der restlichen 90 Prozent zusammen. Wie
die Einkommensungleichheit hat auch die Vermögensungleichheit in den letzten Jahren zugenommen. 2003 besassen 3 Prozent der Bevölkerung die Hälfte aller Vermögen. 2019 waren es nur noch 1,6 Prozent. Das heisst: Diese 1,6 Prozent der Steuerpflichtigen besitzen gleich viel wie die übrigen 98,4 Prozent zusammen.
Von Armut betroffen zu sein ist keine Schande und betrifft viele Menschen, auch in der Schweiz. Wenn alle Stricke reissen, greift die Sozialhilfe unter die Arme – was Sie darüber...
Erstmals beleuchtet eine Ausstellung im Landesmuseum die koloniale Geschichte der Schweiz. Sie schafft dabei auch die Verbindung zwischen historischen Verbrechen und aktuellen Formen der Ausbeutung.
KOLONIAL: Globale Verflechtungen der Schweiz, 13.9.24...
Die neuen Manager des Schokokonzerns Barry Callebaut glauben an den grossen Umbauplan – und dass sie die Informationsrechte der Mitarbeitenden missachten können.
Mit den grössten Schweizer Abzocker-Managern kann Peter Feld (58)...
Schreibe einen Kommentar
Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.