Ernes Europa
Kräftemessen mit Musk: Tesla-Streik wird zum globalen Konflikt

Roland Erne war Chemielaborant und GBI-Jugendsekretär. Seit 2017 ist er Professor für Europäische Integration und Arbeitsbeziehungen am University College Dublin.

Was als lokaler Streik von 130 Mechanikern für einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) in den schwedischen Tesla-Servicewerkstätten begann, weitet sich zu einem globalen Konflikt aus. Laut dem schwedischen Schlichter für Arbeitskonflikte verbot Tesla-Boss Elon Musk seinen lokalen Managern jegliche Konzessionen an die Gewerkschaften, obwohl GAVs seit Jahrzehnten zentraler Bestandteil des skandinavischen Sozialmodells sind. Offensichtlich fühlt sich Elon Musk unendlich stark und denkt, dass er sogar die mitgliederstärksten Gewerkschaften Europas in die Knie zwingen kann. Letzte Woche war Tesla knapp 250 Milliarden US-Dollar wert. Im Vergleich dazu veranschlagte der schwedische Staat für das ganze Jahr 2023 Einnahmen von nur 122 Milliarden US-Dollar.

GEHEIME GEWERKSCHAFTER. Bislang war Elon Musk mit seiner antisozialen Strategie sehr erfolgreich. Auf der ganzen Welt gibt es kein einziges Werk, in dem Firmenleitung und Gewerkschaften einen GAV vereinbart haben. Dementsprechend schlecht sind die Arbeitsbedingungen, nicht nur in Bezug auf die Löhne, sondern auch in Sachen Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Nicht nur kommt es in den Tesla-Werken zu mehr schweren Arbeitsunfällen als in vergleichbaren Betrieben. Laut Recherchen des norwegischen Fernsehens NRK benutzt das Tesla-­Management auch ein brutales «internes Bewertungssystem», um verunfallte und krankgeschriebene Tesla-Beschäftigte loszuwerden – trotz Kündigungsschutz. Kein Wunder, dass auch in Norwegen und Deutschland immer mehr Tesla-Beschäftigte sich gewerkschaftlich organisieren; zumeist ­insgeheim, da Tesla auch dafür bekannt ist, Gewerkschaftsmitglieder gezielt zu entlassen.

PÖSTLER-STREIK. Die streikenden Tesla-Beschäftigten stehen unter einem enormen Druck. Deshalb ­erhöhte die Metallgewerkschaft IF Metall ihr Streikgeld auf 130 Prozent ihres Tesla-Lohnes. Zudem unterstützen mehrere Gewerkschaften aus Schweden und Norwegen ihre Tesla-Kolleginnen und -Kollegen mit Solidaritätsstreiks. So weigern sich schwedische und norwegische Hafenarbeiter, Tesla-Autos auszuliefern. Und die schwedischen Pöstler bestreikten Tesla, indem sie keine Autonummern für Tesla-Fahrzeuge mehr ausliefern. Allerdings hat jetzt ein schwedisches Gericht erlaubt, dass Tesla die Autonummern für seine Neuwagen direkt beim Stras­senverkehrsamt abholen darf.

MAFIA-METHODEN. «Das ist Wahnsinn!» sagte der Tesla-Boss, als er von dieser Solidaritätswelle im hohen Norden hörte. Laut «Financial Times» befürchtet Musk, dass auch im kürzlich eröffneten Tesla-Werk im Land Brandenburg, Deutschland, etwas Ähnliches passieren könnte. Deshalb hat er sich dazu entschlossen, in die Offensive zu gehen. Am 27. November verklagte er den schwedischen Staat. Die Solidaritätsstreiks der Post seien «diskriminierend» und würden seine «Wirtschaftsfreiheit» beschneiden. Dabei wird er auch von führenden skandinavischen Kapitalisten unterstützt, denen das «sozialpartnerschaftliche Sozialmodell» schon lange ein Dorn im Auge ist. So wirft Maria Landeborn, die leitendende Ökonomin der Danske Bank, den Gewerkschaften sogar «Mafia-Methoden gegen Tesla» vor, obwohl Solidaritätsstreiks in Schweden und Norwegen legal sind.

Es wird entscheidend sein, dass die Gewerkschaften Tesla auch in anderen Ländern unter Druck setzen. Die Aussichten dafür sind nicht schlecht. ­Ironischerweise zeigte der erfolgreiche, grenzüberschreitende Kampf der Ryanair-Piloten im November 2017, dass autokratische Chefs wie Ryanair-Boss ­Michael O’Leary mehr zur Internationalisierung der Gewerkschaften beigetragen haben als die Manager in sozialpartnerschaftlichen Betrieben.

1 Kommentare

  1. Martin walter 2. Dezember 2023 um 5:58 Uhr

    Es wird immer wieder erwähnt, dass Tesla miserable Löhne zahle und die Fabriken, über extrem schlechte Sicherheitsvorkehrungen verfüge. Leider wartet man bis heute auf konkrete Zahlen darüber. Im D zahlt Tesla nach Porsche, BMW und Mercedes, die viert höchsten Löhne. Das irritiert doch etwas? Die Tesla Fabriken sind die modernsten, hellsten, und Arbeitsablauf Technisch, fortschrittlichsten der Welt. Da wünschte ich mir einen Vergleich aller Autohersteller mit gesicherten Zahlen, um das auch so deutlich hervorzuheben, das Tesla eine Art Todestrakt für Mitarbeitende sei. Normalwerweise stellen exakt US Firmen, massiv höhere Anforderungen an den Arbeitsschutz, da diese im eigenen Land immer zu enorm hohen Schadenanspruchvorderungen führen können.

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