Schweizer Tankstellenshops
Jetzt braucht es 300 Franken mehr Lohn!

Die hohe Teuerung lässt die neuen Mindestlöhne in den Tankstellenshops bereits wieder alt aussehen. Die Unia fordert Neuverhandlungen und startet eine Umfrage.

UNTERBEZAHLT: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Tankstellenshops haben zwar einen Mindestlohn, wegen der Teuerung muss dieser aber rasch erhöht werden. (Foto: Keystone)

Mindestens 3830 Franken im Monat beträgt seit Anfang Jahr in den meisten Kantonen der Einstiegslohn für alle, die ohne Lehrabschluss an einer Tankstelle arbeiten. Das sind zwar 40 Franken mehr als bisher – aber deutlich weniger als sonst im Detailhandel üblich. Zum Vergleich: Bei Coop gilt derzeit ein Mindestlohn für Ungelernte von 4200 Franken in allen unterstellten Betrieben (die Coop-Pronto-Tankstellenshops gehören nicht dazu).

Dabei waren die Tankstellen-Verkäuferinnen und -Verkäufer im Herbst 2021, als der aktuelle Gesamtarbeitsvertrag (GAV) der Branche fertig verhandelt war, durchaus zufrieden mit dem Resultat: Bis 2024 sollten die Mindestlöhne aller Kategorien jährlich um mindestens ein Prozent ansteigen (work berichtete).

TESSINER DUMPINGLÖHNE

Doch dann folgten zwei Tiefschläge. Zuerst verhinderten ein paar Tessiner Tankstellen-Tycoons mit Einsprachen, dass der Vertrag in Kraft treten konnte. Weil sie weiter nur Dumpinglöhne zahlen wollten. Zwar wies der Bundesrat ihre Einsprachen ab und setzte den GAV in Kraft – aber erst im vergangenen November, mit fast zwei Jahren Verzögerung.

Das hatte einschneidende Folgen für die rund 11’000 Mitarbeitenden der Branche: Die besseren Mindestlöhne für 2022 wurden gar nie wirksam, die für letztes Jahr erst ab November. Einzig die Mindestlöhne für dieses Jahr sind per 1. Januar rechtzeitig in Kraft getreten. Eine Übersicht nach Regionen und Lohnkategorien gibt’s hier.

Der zweite Tiefschlag war und ist die Teuerung, die wegen des Ukrainekriegs nach oben schnellte. Igor Zoric vom Sektor Tertiär der Unia hat errechnet: «Seit dem Abschluss des Vertrags vor gut zwei Jahren haben sich die Lebenskosten insgesamt um 5,5 Prozent erhöht.» Gemessen an der Kaufkraft, sind die Löhne an den Tankstellen somit nicht gestiegen, sondern gesunken!

PLUS 300 FRANKEN!

Für die Gewerkschaften Unia und Syna sowie den Kaufmännischen Verband (KV) ist deshalb klar: Die Mindestlöhne müssen so rasch wie möglich erhöht werden, und zwar um 300 Franken. Zoric: «Das wäre ein Ausgleich der Teuerung plus eine Reallohnerhöhung, und es würde die Branche aufwerten.» Kurz nach Inkrafttreten des neuen GAV hatte die Unia die Arbeitgeber zu Verhandlungen aufgefordert, doch die wollten davon nichts wissen.

Jetzt will die Unia wissen, welche Bedürfnisse und Lohnwünsche die Tankstellenshop-Mitarbeitenden haben. Sie hat dafür eine Umfrage lanciert (über diesen Link gelangen Sie zur Umfrage). Unia-Mann Zoric fordert alle in der Branche auf, mitzumachen: «Je mehr es sind, desto besser können wir gegenüber den Arbeitgebern verhandeln.»

Diese haben unterdessen ihre Blockadehaltung korrigiert: Ende Februar werden sich die Sozialpartner zu einem ersten Austausch treffen.

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