Übergriffig, gewalttätig, pädophil – auch 2024 schaffen es zwei Kinofilme, Gewalt an Frauen zu romantisieren.
EHE OHNE HAPPY END: Priscilla Presley wurde von ihrem Mann, dem Rockstar, bevormundet und geschlagen. (Foto: Madman Films)
Er war der «King of Rock’n’Roll» und lebte das Rockstarleben. Dazu gehörten Sex, Drogen und Alkohol. Die Rede ist von Elvis Presley. In der Blüte seiner Karriere eroberte er die Herzen im Sturm, auch jenes von seiner späteren Ehefrau Priscilla. Er lernte sie während eines Armee-Einsatzes in den sechziger Jahren in Wiesbaden, Deutschland, kennen. Zu diesem Zeitpunkt war er 24 Jahre alt, sie zehn Jahre jünger. Und darum geht es im Kinohit «Priscilla». Im Kinosaal sitzen gespannt die graumelierten Elvis-Fans.
Der Film basiert auf der gleichnamigen Autobiographie über das Leben von Priscilla an der Seite von Elvis Presley. Mit 14 verliebten sich die Minderjährige in den Rockstar, ein Jahr später zog sie auf sein Anwesen und besuchte auf seinen Willen eine streng- katholische Mädchenschule. Als sie 22 ist, verkündet Presley feierlich: «Wir heiraten!» Bis zum Hochzeitstag vergnügte sich Elvis sexuell mit etlichen Affären. Diese verzieh ihm Priscilla alle.
DIE VERBOTE
Er verbot ihr zu arbeiten, das Haus zu verlassen, erpresste und schlug sie. Presley bestimmte sogar ihre Kleider, ihre Haarfarbe, welches Make-up up sie zu tragen und welche Drogen sie zu nehmen hatte. Der Film zeigt eindrücklich: Sie war gefangen im goldenen Käfig. Die NZZ betitelt Presley als «einen keuschen Gentleman». work verleiht ihm lieber den Titel eines bevormundenden und übergriffigen Grüsels.
Kurz nach der Hochzeit wird Priscilla schwanger. Doch das gemeinsame Kind rettet die Gewaltbeziehung nicht vor dem Scheitern. Hochschwanger muss Priscilla mit ansehen, wie ihr Ehemann immer tiefer in die Drogensucht abrutscht. Er wirft Stühle nach ihr und droht immer wieder mit der Trennung. Im Verlauf des Filmes entpuppt sich: Priscilla gab immer mehr auf und wurde vollkommen zu seiner Marionette. Nach der Schwangerschaft gehen Elvis’ Affären weiter, denn mit einer Frau, die bereits ein Kind geboren hat, will er nicht schlafen. Viele Jahre hält Priscilla die Demütigung aus. Als Elvis von einer Liaison seiner Ehefrau erfährt, versucht er sie zu vergewaltigen. Daraufhin verlässt sie ihn. Und so endet der Film. Auch nach 113 Minuten Elvis-Tortur bleibt die grauhaarige Fankurve im Kinosaal standhaft und klatscht euphorisch beim Abspann.
STARKE FRAUENARME
TURBULENTE BEZIEHUNG: Leonard Bernstein war auf seinen Egotrips, seine Frau Felicia Montealegre musste untendurch. (Foto: Netflix)
Ähnlich grau das Publikum beim Film «Maestro». Auch hier geht es um das Leben eines bekannten Musikers, eher bekannt unter Fans der klassischen Musik. Die Rede ist von Leonard Bernstein. Der US-amerikanische Komponist und Dirigent war ein Ausnahmetalent und lebte von 1918 bis 1990. Im Alter von 25 Jahren springt Bernstein als Dirigent bei einem Konzert in New York spontan ein und wird über Nacht zum grossen Star der Szene. Zur gleichen Zeit lernt er seine Frau Felicia Montealegre kennen. Der Film dreht sich weniger um die beruflichen Erfolge von Bernstein, sondern um die turbulente Beziehung mit seiner Ehefrau. Ihre Karriere hängte die aufstrebende Schauspielerin für das Komponisten-Lleben ihres Ehemannes und für die gemeinsamen drei Kinder an den Nagel. Doch die romantische Liebesbeziehung zwischen den beiden wird bald überschattet. Bernstein verfällt immer stärker der Alkohol- und Drogensucht. Zudem pflegt er viele Affären – oft mit viel zu jungen Männern. Teilweise sogar mit eigenen Musikschülern.
Der Egotrip von Bernstein geht immer weiter, die Exzesse werden immer hollywoodreifer. Und trotzdem landet er nach jedem noch so tiefen Fall in den Armen seiner starken Frau. Bis zu ihrer Krebsdiagnose. Erst mit der Erkrankung wird Bernstein zu jenem Vater und Ehemann, den sich die Familie gewünscht hat. Die liebevolle Fürsorge lässt das Kinopublikum fasst vergessen, wie er jahrelang das Familienleben pflegte. Nach dem Tod seiner Frau fällt Bernstein in ein tiefes Loch. Trotz beruflichen Erfolgen wird er zum alten, traurigen und drogensüchtigen Mann, der sich an immer jüngere Männer ranschmeisst.
Der Film wurde für seine spektakulären Filmaufnahmen, die Musik und die schauspielerischen Bestleistungen für mehrere Auszeichnungen nominiert. Zu einem hollywoodreifen Happy End kommt es für Bernstein aber nicht.