Der reichste Mann der Welt eskaliert seinen Kampf gegen die Arbeitenden. Derweil geht der Streik bei Tesla Schweden in den vierten Monat.
MUTIG GEGEN MUSK: Die Tesla-Streikenden lassen sich von der Angstmacherei von Elon Musk nicht einschüchtern. (Foto ZVG)
Der Tesla-Boss dachte, die Sache sei eine Frage von Stunden, höchstens von Tagen. Nicht der Rede wert. Doch da hat Elon Musk die nordischen Gewerkschaften unterschätzt. Seit dem 27. Oktober bestreikt die schwedische IF Metall die Tesla-Werkstätten (work berichtete). Standhaft gegen alle Drohungen, Sanktionen und juristischen Tricks des Kult-Kapitalisten (Tesla, Twitter, Space-X).
IF Metall wollte eigentlich nichts weiter als einen Gesamtarbeitsvertrag, wie in Schweden üblich (90 Prozent der Beschäftigten arbeiten unter einem GAV). Nach jahrelanger Fürsprache war ihre Geduld am Ende. Blind für die sozialen Gepflogenheiten des Landes aber verhöhnte Musk den Arbeitskampf als «Wahnsinn». Bisher ist es ihm gelungen, die Gewerkschaften aus allen Tesla-Fabriken in den USA, in Deutschland, China, Mexiko und sonstwo draussen zu halten.
SOLIDARITÄT ÜBERALL
Doch beim ersten Streik in der Geschichte von Tesla ging es nun Schlag auf Schlag. Erst weigerten sich die schwedischen Hafenarbeitenden, die Tesla Karren zu entladen. Solidaritätsstreiks sind eine wichtige gewerkschaftliche Waffe. Deshalb sind sie in den meisten neoliberal regierten Ländern verboten. Musk versuchte also, seine Autos über dänische, norwegische und finnische Häfen nach Schweden zu schaffen. Doch die Transportgewerkschaften dieser Länder solidarisierten sich mit IF Metall. Wie die schwedische Postgewerkschaft. Tesla bekommt keine Pakete (Ersatzteile) mehr. Nummernschilder werden nicht mehr ausgeliefert, Tausende bereits verkaufte Tesla können deshalb nicht fahren. Die Elektriker-Gewerkschaft schloss sich dem Tesla-Boykott an, die Müllabfuhr schafft keinen Tesla-Dreck mehr weg und die Reinigerinnen putzen nicht. Sogar die Musikerinnen und Musiker wurden aktiv – sie zogen ihre Lieder aus den Streamingdiensten wie Spotify, die in den Tesla geladen werden, kurzum zurück. Und im grossen Tesla-Werk von Fremont (Kailfornien) organisierte die US-Gewerkschaft UAW, die im Herbst 23 die «Grossen 3» Ford, General Motors und Stellantis in die Knie gezwungen hatte, ein (verbotenes) Soli-Happening.
Wie üblich versucht es Musk mit Angstmacherei. Er verstärkte den Werkschutz und liess die Streikposten ausspionieren. Über Twitter («X») liess er Falschmeldungen und Drohungen verbreiten. Ein Angestellter wurde wegen «Vertragsbruchs» sanktioniert, weil dessen Frau in den sozialen Medien über den Streik berichtet hatte. Nun müsse schwedische Regierung, so verlangte Musk, die Arbeitenden zurück an die Werkbank zwingen. Doch kein einziger Minister wollte die Tesla-Lobbyisten empfangen. Und IF Metall hat begonnen, Streikbrecher aus der Gewerkschaft auszuschliessen: Dieser Arbeitskampf ist für die wenig kampferprobten Schweden ein rabiater Crash-Kurs in konfliktueller Sozialpartnerschaft. 13 nordische Gewerkschaften stärken ihnen den Rücken.
MUSK WIRD NERVÖS
Inzwischen agiert Musk zunehmend nervös. Mitarabeitende verbreiten, Musk funktioniere angeblich unter Ketamin und LSD. Diverse grosse Pensionsfunds haben begonnen, wegen des Streiks ihre Tesla-Aktien abzustossen. Das geht schnell in die Börsen-Milliarden, und das Image nimmt Schaden. Entnervt forderte Musk darauf bei einem internationalen Ökonomen-Gespräch, man solle Gewerkschaften kurzum verbieten. Dann kündigte er an, den Arbeitschutz im ganzen Konzern zu kappen. Um den steht es bereits schlecht. Bei Tesla, so glaubt die Auto-Gewerkschaft UAW zu wissen, ereigneten sich dreimal mehr Arbeitsunfälle als bei den anderen Autobauern.
IG METALL IN KAMPFSTELLUNG
Ermutigt durch die Schweden kommt derweil auch die gewerkschaftliche Organisation in Kalifornien und im grossen Werk von Berlin-Brandenburg in die Gänge. Als Musk dieser Tage wegen Chip-Lieferschwierigkeiten (Blockade im Roten Meer) ein zweiwöchigen Produktionsstop in Berlin verfügte, liess er durch einen Gelben Betriebsrat einen Lohnverzicht der Belgeschaft absegnen – aber sofort ging die deutsche IG Metall in Kampfstellung.