Laura Gonzalez Martinez ist Verkäuferin in Zürich und Gewerkschafterin.
Die Stimmung im Laden war über Weihnachten und Neujahr etwas gelassener. Es lief nicht viel. Meine Stammkundinnen und -kunden waren in den Bergen oder an der Sonne. Berge und Sonne müssen auf uns, die vom Verkauf, warten. Wir haben in dieser Zeit eine Feriensperre. Der Vorteil in meinem Laden ist: zwei Wochen nicht umherhetzen. Und wir haben die Zeit und die Ruhe, den Verkaufsraum wieder auf Hochglanz zu polieren. Und das Beste ist, wir verwöhnen uns gegenseitig mit kleinen Geschenken und selbstgemachten Guetsli.
WIE BITTE? Als ich meine Reinigungsarbeit für Tee und Guetsli im Aufenthaltsraum unterbrach, fiel mir der jährliche Weihnachtsbrief des Verkaufsleiters auf. Der Raum ist so vollgepflastert mit Infos und Zahlen, dass dieser Brief bisher einfach unterging. Und im nachhinein erfuhr ich, dass der Brief niemandem aufgefallen war, hätte ich sie nicht alle darauf angesprochen. Ich las ihn also und war irritiert. Es schien, als richte sich der Brief nicht an das Verkaufspersonal, das über Weihnachten und Neujahr arbeitet. Zuerst bedankt sich der Verkaufsleiter herzlichst für die Leistung und die Zusammenarbeit. Also das Übliche. Und dann: Die Festtage seien eine Gelegenheit, sich eine Pause zu gönnen, Energie und Kraft zu tanken. Für neue Taten, jawohl. Moment! Gelegenheit für eine Pause, für wen genau? Aber er weiss schon, dass wir nicht zwei Wochen geschlossen haben? Er weiss schon, dass andere Filialen, zum Beispiel an den Bahnhöfen, während der Feiertage die strengste Zeit des Jahres erleben? Er weiss schon, dass eine superheftige Grippewelle über uns alle geschwappt ist und wir hoffnungslos überarbeitet sind. Er weiss schon, dass wir auch krank arbeiten müssen? Und hat er die anstrengenden Sonntagsverkäufe schon wieder vergessen? Dieser Text war gewöhnliches weihnachtliches 08/15-Blabla. Nicht an uns angepasst. Und noch schlimmer: desinteressiert und super unpersönlich.
SO GEHT’S! Lieber Verkaufschef, für die nächsten Weihnachten wünsche ich mir echtes Interesse am Personal und Unterstützung während der Feiertage. Einen persönlichen Brief, der uns alle erreicht, und nicht unter all den Zahlen untergeht. So was wie: Gemeinsam überstehen wir die strengen Tage. Wir unterstützen uns gegenseitig, damit wir am Schluss nicht zu erschöpft sind, um in den Bergen Energie und Kraft zu tanken.