Noch nie war der Schweizerfranken so teuer wie heute. Für einen Euro bekommt man 94 Rappen. Das ist deutlich weniger als vor einem Jahr. Damals gab es für einen Euro noch einen Franken. Schweizerinnen und Schweizer im Ausland mag die Entwicklung freuen. Der Einkauf in Deutschland, der Espresso in Italien oder der Wein aus Frankreich bleiben trotz steigenden Preisen günstig.
IM GLEICHSCHRITT. Der Exportindustrie aber setzt der teure Franken zu. Das gilt vor allem für Unternehmen, die aus der Schweiz für europäische Kundschaft produzieren. Ihre Erlöse fallen meist in Euro an und haben neu in Franken weniger Wert. Das drückt auf die Margen. Viele Firmen in der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie haben sich zwar in ihren Nischen spezialisiert, was ihnen erlaubt, hohe Preise zu setzen. Trotzdem können auch sie nicht jeden Preis verlangen, um die Währungskosten auszugleichen.
Die Frankenteuerung wäre dann gerechtfertigt, wenn die Schweizer Industrie plötzlich viel produktiver geworden wäre als ihre Konkurrenz im Ausland. Sie könnte dann mit weniger Aufwand dasselbe produzieren, was ihr erlauben würde, die höheren Kosten des Frankens wegzustecken. Leider ist das nicht der Fall, wie die Maschinenindustrie zeigt. Die Beschäftigten bei Schweizer Maschinenbauern werden zwar stetig leistungsfähiger. Zuletzt legte ihre Produktivität nach Ende der Pandemie deutlich zu (siehe Grafik). Ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen stehen ihnen aber um nichts nach. Die Produktivität entwickelt sich beidseits des Rheins fast im Gleichschritt.
DRUCK AUF ARBEITNEHMENDE. Für die Arbeitnehmenden in den Exportbranchen steht viel auf dem Spiel. Die Arbeitgeber werden versuchen, den Kostendruck auf die Beschäftigten abzuwälzen. Bereits jetzt missbrauchen sie den Franken als Argument gegen Lohnerhöhungen – obwohl sie oft noch genügend Spielraum haben und die Kaufkraft der Arbeitnehmenden leidet. Längerfristig werden sie versuchen, stärker im Euroraum zu produzieren, um künftig besser vor der schädlichen Währung geschützt zu sein. Die Schweizerische Nationalbank ist deshalb gefordert. Sie muss die Aufwertung des Frankens auf Kosten der Beschäftigten stoppen.
David Gallusser ist Ökonom beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB).