Die Gegnerinnen und Gegner weibeln mit fadenscheinigen Argumenten gegen die 13. AHV-Rente. work lässt Menschen zu Wort kommen, die es direkt betrifft.
«Ermöglicht ein würdiges Leben im Alter»Sonia Mary Narvaez Castro (55), Kinderbetreuerin und Reinigungskraft, Langnau am Albis ZH
Sonia Mary Narvaez Castro (Foto: Isabel Brun / TSRI.ch)
«Was machen Rentnerinnen und Rentner, wenn alles immer teurer wird? Die 13. AHV-Rente kommt genau zur richtigen Zeit. Ich kann leider nicht abstimmen, weil ich noch nicht Schweizerin bin, aber ich sage allen meinen Kolleginnen und Kollegen, dass dies eine wichtige Abstimmung sei. Sie betrifft alle arbeitenden Menschen in der Schweiz, mit oder ohne Schweizer Pass. Vor allem auch für Menschen mit tiefen Löhnen ist die AHV eine sehr gute Sache, die ein würdiges Leben im Alter ermöglicht.
MIETE STEIGT. Ich lebe seit acht Jahren in der Schweiz. Ich wusste, dass das Leben hier teuer ist, aber es wird immer noch teurer! Gerade wurde mir angekündigt, dass ich bald mehr Miete für meine Wohnung zahlen muss. Und auch die Zugfahrt nach Zürich kostet mehr. Jetzt brauche ich einen Lohn von mindestens 3500 Franken pro Monat. Ich suche einen neuen Job als Reinigungskraft im Zug oder am Flughafen. Natürlich wünsche ich mir in zehn Jahren eine anständige Rente.»
«Gute Chancen, aber wir müssen noch ad Säck»Erich Haller (68), pensionierter Betriebselektriker, Kreuzlingen TG
Erich Haller (Foto: SP Thurgau)
«Bis auf eine kurze Phase nach einem Herzinfarkt habe ich immer 100 Prozent gearbeitet. Trotzdem käme ich mit meiner Rente allein nicht über die Runden. Von der AHV habe ich knapp 2200 Franken im Monat, von der Pensionskasse etwa 2000 Franken. Ein guter Teil davon geht schon für Miete und Krankenkasse drauf. Ende Monat zehre ich deshalb jeweils vom Erbe meiner verstorbenen Partnerin. Bei den heutigen Kaufkraftverlusten ist die 13. AHV-Rente das mindeste. Erst recht, wenn man bedenkt, dass unser Parlament nicht einmal fähig ist, den vollen Teuerungsausgleich auf die AHV-Renten zu beschliessen.
ANGSTMACHEREI. Die Initiative hat zwar gute Chancen, doch wir müssen noch ad Säck! Denn die rechte Seite kommt bestimmt mit einer grossen Angstkampagne. Dazu gehört auch das Gejammer um das Giesskannenprinzip. Es stimmt: Von einer 13. AHV-Rente werden auch ein paar Millionäre profitieren. Doch was wäre die Alternative? Es würde bedeuten, für jeden Seich einen Antrag stellen zu müssen. Nur damit man anständig leben kann! Aber die AHV ist eben nicht die Sozialhilfe, sondern ein Sozialwerk, das allen zusteht. Und sie ist eine grosse Umverteilungsmaschine, denn Reiche bezahlen viel mehr ein, als sie zurückbekommen.»
«Bei jedem Wetter Unterschriften gesammelt» Jean Aicher (85), pensionierter Sozialarbeiter, Zürich
Jean Aicher (Foto: Florian Aicher)
«Ich kann mich ja noch glücklich schätzen, denn ich bekomme die AHV-Maximalrente von 2450 Franken plus 4000 Franken von der städtischen Pensionskasse. Doch nicht einmal mir bleibt Ende Monat viel übrig, obwohl ich sehr bescheiden lebe. Zürich wird halt auch nicht mehr billiger, geschweige denn die Krankenkassenprämien, die Lebensmittel und so weiter. Trotzdem bin ich im Vergleich mit den meisten Rentnern – und besonders im Vergleich mit den Rentnerinnen – privilegiert. Umso mehr setze ich mich für die 13. AHV-Rente ein, die ja eigentlich bloss die Teuerung ausgleicht.
AUF DER STRASSE. Für die Initiative habe ich bei jedem Wetter Unterschriften gesammelt und Flyer verteilt. Die Zustimmung war schon da überwältigend. Und doch gab es immer wieder auch Pensionierte, die sagten: ‹Das interessiert mich nicht, ich komme schon durch.› Paradoxerweise waren das nicht selten Leute, bei denen es zum Zmittag nur Kafimöcke gibt. Die meisten meinten dann aber irgendwann doch: ‹Moll, eigetlich händ Sie ja rächt.›»
«Die 13. AHV-Rente ist nicht zu viel verlangt» Peter Leuenberger (64), pensionierter Polier Hochbau, Liebefeld BE
Peter Leuenberger (Foto: Manu Friederich)
«Im Moment beziehe ich als frühpensionierter Bauarbeiter eine FAR-Rente, und im Mai dieses Jahres werde ich normaler Rentner. Dann werde ich ordeli weniger Geld als jetzt erhalten. Obwohl ich eine Pensionskasse von Marti und eine dritte Säule habe, rechne ich nicht mit mehr als 4000 Franken pro Monat. Das ist nicht viel in einer Zeit, in der alles teurer wird.
FÜR ALLE. Die 13. AHV-Rente ist nicht zu viel verlangt, es ist ein Tropfen auf den heissen Stein. Aber es ist wenigstens etwas. Und es kommt der ganzen Bevölkerung zugute! Jede und jeder wird eines Tages alt und dann auch eine Rente brauchen, die für das Leben und den Alltag reicht. Dafür lohnt es sich zu kämpfen. Meinen Kollegen vom Bau sage ich: Geht alle JA stimmen, damit wir diesen Kampf gewinnen!»
«Die Renten müssen zum Leben reichen»Hülya Muhterem Genis (62), Spielgruppenleiterin, Bern
Hülya Muhterem Genis (Foto: Matthias Luggen)
«Ich werde bald pensioniert und lebe glücklicherweise in einer Genossenschaftswohnung in Bern. Ich bin verwitwet und habe meine Tochter alleine grossgezogen. Wie die meisten alleinerziehenden Mütter konnte ich nur 50 Prozent arbeiten. Das bedeutet, dass ich wenig Geld aus der Pensionskasse erhalten werde und Ergänzungsleistungen beziehen muss. Das Geld aus der Pension reicht schon heute bei vielen nicht mehr aus. Gleichzeitig steigen die Mieten, die Krankenkasse ist unglaublich hoch, und die Lebensmittel werden immer teurer.
NICHT DIE EINZIGE. Im Alter sind viele Menschen von Armut betroffen. Deshalb finde ich die 13. AHV-Rente eine sehr wichtige Sache! Die AHV ist keine Sozialhilfe, sondern eine Rente. Wer sein Leben lang gearbeitet hat, muss genug Rente erhalten, um in Würde leben zu können!»
«Meine AHV-Rente beträgt 1235 Franken»Monika Vinasithamby (67), selbständige Tagesmutter, Bern
Monika Vinasithamb (Foto: Matthias Luggen)
«Gelernt habe ich Verkäuferin bei der Migros. Doch schon als Zwanzigjährige wurde ich Mutter. Mit dem Verkäuferinnendasein war es damit vorbei. Dafür begann ich als selbständige Tagesmutter zu arbeiten. Das tue ich noch heute. Fast jeden Tag habe ich Kinder bei mir, obwohl ich seit drei Jahren im Rentenalter wäre. Hauptsächlich arbeite ich noch, weil es mir Freude macht. Aber auch, weil es anders gar nicht ginge. Eine Pensionskasse habe ich nicht, meine AHV-Rente beträgt 1235 Franken, und Ergänzungsleistungen kann ich nicht beantragen. Denn mein Mann ist noch nicht pensioniert. Er ist Magaziner, zuvor war er Gerüstbauer. Mehr als 4800 Franken verdiente er nie. Da macht man keine grossen Sprünge, erst recht nicht, wenn man noch zwei Söhne aufzieht. Und heute sowieso nicht mehr bei dieser Teuerung!
KEIN RESTAURANTBESUCH. Früher habe ich samstags immer einen Grosseinkauf gemacht. Das liegt nicht mehr drin. Jetzt muss ich Tag für Tag schauen, wo es Aktionen gibt. Ins Resti gehen wir nie. Und wenn mein Mann wieder einmal seine Familie in Sri Lanka besuchen will, muss er alleine gehen. Zwei Tickets können wir uns nicht leisten. Es gibt nur etwas, worauf wir nicht verzichten – und wenn wir jedes Füfi umdrehen müssen: unseren Wohnwagen am Neuenburgersee! Aber eine 13. AHV-Rente wäre schon gut. Auch wir Rentnerinnen müssen ja Ende Jahr irgendwie Steuern zahlen!»