Die Zey Bau AG aus Widnau SG lockt ausländische Gipser mit falschen Lohn- und Wohnversprechen in die Schweiz. Jetzt droht dem Chef Ungemach!
FRECHHEIT: Für dieses «Zimmer» wurden dem Arbeiter aus Rumänien mehrere Hundert Franken vom Lohn abgezogen. (Foto: jok)
Marius Balan* ist voller Hoffnung, als er in Bukarest ins Flugzeug steigt. Über Facebook hat der Rumäne eine Stelle in der Schweiz gefunden. 26 Franken pro Stunde hat ihm die St. Galler Zey Bau AG versprochen. Für den Familienvater ist das sehr viel Geld. In Rumänien verdienen Gipser wie er keine 400 Franken im Monat. Doch Balan wird herb enttäuscht. Das «möblierte» Zimmer, das er über seinen Chef in Arbon TG mietet, ist komplett leer. «Mir blieb nichts anderes übrig, als die erste Nacht auf dem Boden zu schlafen», sagt Balan.
Ähnlich ergeht es dem rumänischen Gipser Ionell Popescu*. Auch er ist von der Zey Bau in die Schweiz gelockt worden und mietet in Arbon ein Zimmer. Auch ihm zieht der Chef dafür 400 Franken vom Lohn ab. Popescu hat sogar ein Bett. Mehr aber nicht. Denn sein «Zimmer» ist eine vier Quadratmeter winzige Abstellkammer. Ihre Tür lässt sich bloss einen Spalt weit öffnen, das reingequetschte Bett versperrt den Durchgang. Ein Video des Zimmers finden Sie auf unseren Social-Media-Kanälen Instagram und Facebook.
ZWANZIGERNÖTLI STATT LOHN
Am meisten schockiert all das Ioan Dumitru*. Dieser Gipser ist damals nämlich Alleinmieter der Wohnung, die nun plötzlich zur Büezer-WG wird! 920 Franken zahlt -Dumitru für die gesamte 3,5-Zimmer-Bude. Nun aber erhält er plötzlich Mitbewohner – bei gleichbleibendem Mietzins! Sein Chef macht derweil Kasse und lässt die Neuankömmlinge schwitzen. Balan leistet in einem Monat über 180 Stunden. Doch statt der versprochenen 26 Franken erhält Bogdan nur 23.92 Franken – ein Dumpinglohn, der gegen den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) des Maler- und Gipsergewerbes verstösst. Rechtzeitig auf dem Konto ist er trotzdem nicht. Balan sagt: «Wir wurden immer vertröstet. Bloss einmal hat mir der Chef ein Zwanzigernötli vorgeschossen.» Balans Kollegen geht es gleich. Erst als sie die Unia einschalten, fliesst Geld. Aber erstens nicht genug – es fehlen die Anteile für den 13. Monatslohn –, zweitens nur in bar, was laut GAV verboten ist. Und drittens nicht bei allen.
Gipser Abdul Nasser* hat bis heute keinen Rappen gesehen. Und dies, obwohl er vor der Schlichtungsstelle einen Erfolg verbuchte: Die Zey Bau hatte unterschrieben, dass sie bis Ende 2023 seinen gesamten Lohn bezahlen werde. Auch anderen Arbeitern versprach die Firma vor der Schlichtungsstelle, sie bis Ende Dezember zu bezahlen. Doch bis heute hat noch keiner von ihnen Geld gesehen.
IM SCHULDENSUMPF
Der deutsche Gipser Heinz Hammer* ist deswegen in eine existen-tielle Krise geraten: «Ich stecke knietief im Schuldensumpf!» Die Zey Bau schuldet Hammer knapp 20 000 Franken. Sein Landsmann Martin Müller* wäre sogar beinahe obdachlos geworden: Weil er seinen Lohn trotz wiederholten Forderungen nicht erhalten hatte, verweigerte Müller irgendwann die Arbeit. Darauf erhielt er die fristlose Kündigung. Der Mietvertrag für das Zimmer lief weiter. Doch das sei dem Chef egal gewesen: «Er wollte mich rausschmeissen und drohte mit der Polizei.» Vergebens. Müller wusste das Recht auf seiner Seite. Ausserdem die Unia, die jetzt in mehreren Fällen Klage einreicht.
*Namen geändert
So reagiert der Chef
Inhaber der Zey Bau AG ist der Österreicher Mikail Zeybekoglu (23). Mietwucher betreibe er nicht, behauptet der Jungspundchef. Die Probleme bei der Unterbringung seien «umgehend und kulant» gelöst worden. Und am Chaos in seiner Firma sei nicht er, sondern sein Vorgänger schuld. Dieser habe ihm die Firma in äusserst marodem Zustand verkauft – mit versteckten Schulden und mangelhafter Buchhaltung. Das habe er zu spät realisiert. Zeybekoglu fordert vom Vorbesitzer über 152 000 Franken zurück.
Dafür hat er einen bekannten und in der Region gut vernetzten Anwalt engagiert: Philipp Schneider. Er war jahrelang St. Galler Stadtparlamentarier und CVP-Präsident. Davon lässt sich der Vorbesitzer nicht beeindrucken. Er wirft Zeybekoglu vor, den vereinbarten Kaufpreis nicht bezahlt zu haben. Deshalb werde er ihn demnächst betreiben. Und wann kommen in diesem Trauerspiel die Arbeiter zu ihrem Recht? «Machen Sie sich keine Sorgen», sagt Zeybekoglu, «ich kann Ihnen garantieren, dass ich trotz so vielen Problemen die Mitarbeiter bis Ende März ausbezahlen werde.» work bleibt dran. (jok)