Eine Mehrheit von Vätern und Müttern wünscht sich eine ausgeglichene Aufteilung der unbezahlten Betreuungsarbeit. Für viele Väter ist dieses Ziel bereits erreicht – die Mütter sehen das ziemlich anders. Das zeigt eine neue Studie.
PAPA IM EINSATZ: In der Realität ist aber immer noch so, dass Frauen den grössten Teil der unbezahlten Betreuungsarbeit leisten. (Foto: Keystone)
«Auch wenn beide Eltern erwerbstätig sind, ist es besser, wenn die Verantwortung für den Haushalt und die Kinder hauptsächlich bei der Frau liegt.» So lautete eine Aussage in der Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der deutschen Hans-Böckler-Stiftung. Das Resultat: 18 Prozent der befragten Mütter sind dieser Meinung, bei den Männern sind es hingegen fast 30 Prozent! Das zeigt: veraltete Rollenbilder sind noch immer weit verbreitet.
UNSICHTBARE ARBEIT
Aber immerhin: Eine klare Mehrheit der befragen Mütter und Väter wünscht sich eine fairere Verteilung der Betreuungsarbeit. Aber die Realität sieht anders aus. Zwar schien im April 2020 die Gleichstellung auf gutem Weg. Mitten in der Coronakrise gaben 12 Prozent der Mütter und der Väter an, dass der Vater den grösseren Anteil an der Betreuung übernahm. Doch diese Entwicklung hat sich in Luft aufgelöst. Im November 2023 gaben nur noch 4 Prozent der Väter an, selber den grössten Anteil der unbezahlten Arbeit zu leisten, bei den Müttern waren es hingegen fast 70 Prozent.
WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch sagt dazu: «Eine mögliche Erklärung für diese sehr ungleiche Einschätzung der Verteilung der Sorgearbeit, die wir während der Pandemie so nicht beobachten konnten, ist, dass in dem Moment, in dem die Erwerbsarbeit wieder stärker ausser Haus stattfindet, Sorgearbeit wieder unsichtbar wird.»
UNTERSCHIEDLICHE WAHRNEHMUNG
Die Umfrage basiert auf Selbsteinschätzungen. Diese driften – wen wundert’s – auseinander. 42 Prozent der Väter haben das Gefühl, die Arbeitsteilung sei gerecht. Die Mütter sehen das etwas anders: nur 30 Prozent sind dieser Ansicht.
Ein ähnliches Bild zeigt die Studie beim «Mental Load», dem «Daran-Denken». Also der Organisation der Betreuungsarbeit im Alltag. Zum Beispiel die Planung der Kindergeburtstagsfeier, von Arztterminen oder dem Besuch bei der Schwiegermutter. Mütter fühlen sich durch diesen «Mental Load» deutlich stärker belastet. Nur 33 Prozent von ihnen sind der Ansicht, dass dieses «Daran-Denken» gerecht verteilt ist. Bei den befragten Vätern sind es doppelt so viele!
Die Studie basiert auf Umfragen in Deutschland. In der Schweiz zeigt sich jedoch ein ähnliches Bild. Obwohl in der Schweiz der Zeitaufwand der Männer in Bezug auf Haus- und Familienarbeit seit 2010 zugenommen hat, leisten die Frauen mit knapp 29 Stunden pro Woche gegenüber den Männern mit gut 19 Stunden pro Woche noch immer deutlich mehr unbezahlte Arbeit in Haushalt und Familie.