In einem offenen Brief fordert die Unia Bundesrätin Viola Amherd auf, beim Ruag-Werk im Tessin einzugreifen. Es geht um eine intime Beziehung unter Führungskräften und eine ungerechtfertigte Entlassung.
SOLL EIN ZEICHEN SETZEN: Die Unia fordert Bundesrätin Viola Amherd auf, dem Werk im Tessin einen Besuch abzustatten. (Foto: Keystone)
Es rumort in der Belegschaft des Ruag-Werks in Lodrino im Kanton Tessin. Für die Unia ist klar: so kann es nicht weitergehen. Weil das Anliegen der Büezerinnen und Büezer bei der Geschäftsleitung kein Gehör findet, hat sich die Unia nun in einem offenen Brief an die oberste Verantwortliche gewandt: Verteidigungsministerin Viola Amherd (Mitte).
Was ist passiert? Die Ruag habe interne Regeln grob verletzt, schreibt die Unia. Es geht um Richtlinien «zur Verhinderung oder Aufdeckung von Fehlverhalten oder Verstössen, die schwerwiegende Folgen für das Unternehmen haben können». Es geht um eine intime Beziehung in der Chefetage, genauer zwischen dem Werksleiter und der Personalchefin. Letztere sollte eine Anlaufstelle für die Büezerinnen und Büezer sein, wird aber genau von denen nun gemieden. Für die Belegschaft ist die Aufteilung der Zuständigkeiten nicht mehr gegeben, und erst recht stellen sie in Frage, ob die eine Stelle die andere noch unparteiisch beurteilen könne.
ENTLASSUNG BRINGT FASS ZUM ÜBERLAUFEN
Die Entlassung eines Mitarbeiters hat das Misstrauen der Belegschaft zusätzlich befeuert. In ihrem Brief an Bundesrätin Viola Amherd weist die Unia darauf hin, dass dieser Mitarbeiter auf «unerklärliche Weise und ohne jede Grundlage» entlassen worden sei. Für Unia-Mann Matteo Poretti ist wegen des Interessenkonflikts in der Chefetage ein «allgemeines Unwohlsein» unter der Belegschaft festzustellen. Dies habe zum Weggang mehrerer Fachkräfte geführt und habe einen schweren Kompetenzverlust zur Folge. «Das sollte das Unternehmen und den Bund als Eigentümer beunruhigen», so Poretti.
Die Gewerkschaft hatte versucht, die nationale Geschäftsleitung der Ruag-Gruppe einzuschalten. Doch diese hielt es nicht einmal für nötig, die Anfrage zu beantworten. Deshalb machte die Unia den Fall publik und fordert Bundesrätin Viola Amherd auf, persönlich einzugreifen. Ihr Besuch im Tessiner Werk könnte das Personal beruhigen und die Situation entschärfen, «die ernsthaft zu entgleisen droht».
RUAG WEIST VORWÜRFE ZURÜCK
Nachdem die Unia den offenen Brief an die Bundesrätin veröffentlicht hatte, nahm die Ruag nun diese Woche doch noch Stellung zu den Vorwürfen. Das Unternehmen bestätigte die Beziehung zwischen dem Werksleiter und der Personalleiterin. Diese sei bei der Konzernzentrale in Bern von Anfang an bekannt gewesen, es lägen jedoch keine Interessenkonflikte oder Verletzungen der internen Regeln vor. Die betroffenen Personen könnten nicht in den Kompetenzbereich der jeweils anderen eingreifen. Die Ruag bestätigt zudem, dass es zur Kündigung eines Mitarbeiters gekommen sei. Dabei seien aber die internen Regeln und Prozesse eingehalten worden. «Ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtmässig war, kann nur ein Gericht entscheiden», schreibt das Unternehmen in seiner Stellungnahme.
*Dieser Artikel ist letzte Woche in der Tessiner Unia-Zeitung «area» erschienen und wurde mit der Stellungnahme der Ruag ergänzt. Zum Originalbeitrag.