US-Konzern bestellt, rechte Schweizer Parteien liefern
Grossen und Konsorten kuschen vor Uber & Co.

Uber ist ein Rabauken-Konzern, der systematisch Gesetze missachtet(e), Chauffeure ausbeutet und mit viel Geld weltweit die Politik beeinflusst. Ist unsympathisch. Trotzdem hat der US-Konzern auch in der Schweiz viele Freundinnen und Freunde. Im St. Galler Stadtparlament etwa und auch im Bundeshaus.

GLP-Präsident Jürg Grossen will das illegale Geschäftsmodell von Uber mit einem Trick legalisieren. (Montage: work / Foto: Keystone)

Am Schluss stand es im St. Galler Stadtparlament 42 zu 15 für Uber. Und damit für Schwarzarbeit und für prekäre Arbeitsbedingungen. Natürlich sagten das die Ja-Stimmenden von SVP, FDP, Mitte und GLP nicht so. Sie schwärmten vom neuen, Uber-tauglichen Taxireglement als «zeitgemäss», «transparent» und «gerecht». GLP-Parlamentarier Yves Betschart meinte: «Den Aufschrei um Uber verstehen wir nicht.»

Juso-Parlamentarierin Miriam Rizvi versuchte es ihm so zu erklären:

Plattformunternehmen wie Uber beuten ihre Arbeitskräfte ohne jegliche Absicherung aus und drücken gleichzeitig die Löhne einer gesamten Branche in den Keller.

Juso-Parlamentarierin Miriam Rizvi. (Foto: zvg)

Wobei das ist ja gerade, was den Marktradikalen an Uber gefällt. Rund um den Globus und in St. Gallen. Sogenannte Plattformunternehmen setzen seit Jahren auf systematische Schwarzarbeit, indem sie ihre Beschäftigten als Scheinselbständige arbeiten lassen. Das bedeutet, dass die Uber-Fahrerinnen und Fahrer weder bei den Sozialversicherungen angemeldet sind, noch über eine Unfallversicherung verfügen oder branchenübliche Löhne erhalten. Das bedrängt auch Taxifirmen und Kurierdienste, die sich an die Regeln halten.

Gesetze? Welche Gesetze?

Uber-Fahrerinnen und -Fahrer mussten jahrelange Gerichtsprozesse führen, um ihre grundlegenden Rechte durchzusetzen. Einerseits mit Erfolg: Das Bundesgericht hat klar entschieden, dass Uber Arbeitgeber seiner Fahrerinnen und Fahrer sei und sämtliche damit verbundenen Pflichten einhalten müsse. Andererseits foutiert Uber sich um jeden Gerichtsentscheid und bewegt sich weiter in der Illegalität. Die zuständigen Behörden, die kontrollieren müssen, dass Arbeits- und Sozialversicherungsgesetze eingehalten werden, schauen mit wenigen Ausnahmen tatenlos zu und lassen den Konzern gewähren.

Die Europäische Union (EU) hat diesen Frühling eine neue Richtlinie zur Plattformarbeit erlassen, die Fortschritte für die Beschäftigten bringt. Die wichtigste Neuerung ist, dass Plattformunternehmen automatisch als Arbeitgeber eingestuft werden, wenn gewisse Kriterien erfüllt sind. Die Schweiz ist davon weit entfernt. Und droht, sich noch weiter zu entfernen. work berichtete:

Willige Helfer

Denn noch bequemer, als Gesetze einfach zu ignorieren, ist es schliesslich, sie gleich so ändern zu lassen, dass sie zum Geschäftsmodell passen. Die Unia hat sich in St. Gallen gegen das Uber-taugliche Taxireglement gewehrt. Und sie wehrt sich auch auf nationaler Ebene dagegen. Denn hier läuft aktuell die grösste Operation zur Uber-freundlichen Gesetzesanpassung. Angestossen hat sie GLP-Präsident Jürg Grossen. 

Grossen will für den US-Konzern politisch durchsetzen, was Uber vor Gericht nicht erreicht hat: die Legalisierung illegaler Geschäftsmodelle, die auf Ausbeutung, Schwarzarbeit und Scheinselbständigkeit beruhen. Der Grossen-Trick geht so: Er will den sogenannten Parteiwillen zur Qualifikation von selbständiger oder unselbständiger Arbeit heranziehen. Statt – wie es heute im Gesetz steht – auf die tatsächlichen Verhältnisse zu schauen. 

Klare Regeln

Heute ist klar: Als selbständigerwerbend gilt, wer nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Um dies festzustellen, stützen sich die Sozialversicherungen auf objektive Tatsachen, also zum Beispiel, ob jemand in eigenem Namen und auf eigene Rechnung arbeitet oder ob das Weisungsrecht eines Arbeitgebers besteht. Die aktuelle Regelung funktioniert in der Praxis relativ problemlos. Die umstrittensten Fälle betreffen fast ausschliesslich mächtige Multis wie Uber, die systematisch versuchen, das Arbeitsrecht und die Sozialversicherungspflicht zu umgehen, um ihre Gewinne zu maximieren.

Uber-Kuriere werden von ihrem Arbeitgeber ausgenutzt. (Foto: Keystone)

Kommt die «Lex Uber» durch, bedeutet das konkret: Wenn der Arbeitgeber behauptet, seine Angestellten arbeiteten als Selbständige, wäre er alle Arbeitgeberpflichten los. Also etwa AHV-Beiträge, Lohnzahlung bei Krankheit und Unfall, bezahlte Ferien, Gesundheitsschutz usw. Dies wäre nicht nur bei Uber-Fahrerinnen und Essenskurieren der Fall, sondern zum Beispiel auch bei einer Coiffeuse, die im Salon einen Stuhl «mieten» muss, oder bei einem Maler, der nur noch im «Auftragsverhältnis» für seinen Arbeitgeber arbeitet.

Flankierende aushebeln

Doch Grossens Plan geht weiter: Er will auch gleich die flankierenden Massnahmen zur EU-Personenfreizügigkeit (FlaM) aushebeln. Die GLP war zum Schluss die letzte Partei, die für das geplatzte Rahmenabkommen weibelte, mit dem die Marktradikalen in der Schweiz und in der EU den Schutz der Schweizer Löhne schrotten wollten. Mit Grossens «Lex Uber» könnten Firmen aus der EU die Schweizer Schutzbestimmungen leicht aushebeln, indem sie ihre Arbeiterinnen und Arbeiter als vermeintlich Selbständige in die Schweiz entsenden würden. 

Kommission spurt

Die rechte und bürgerliche Mehrheit der nationalrätlichen Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK) ist Grossen grossmehrheitlich gefolgt und hat in den vergangenen Monaten einen Vorentwurf zur «Lex Uber» erarbeitet und verabschiedet. Die Vertreterinnen von SVP, FDP, GLP und Mitte sind – warum auch immer – vom Dumping-Konzern Uber offensichtlich derart begeistert, dass sie weder Arbeitgeberverbände noch Gewerkschaften angehört haben. Wild entschlossen, Uber & Co. alle Wünsche zu erfüllen, setzen sie das gesamte Schweizer Sozialversicherungssystem, alle paritätisch finanzierten Einrichtungen und das System der Gesamtarbeitsverträge aufs Spiel. 

Unia leistet Widerstand

Unia-Vizepräsidentin Véronique Polito sagt Uber und den Bürgerlichen den Kampf an. (Foto: Unia)

Der Entwurf geht diese Wochen in die Vernehmlassung. Für Unia-Vizepräsidentin Véronique Polito ist schon heute klar:

Der Vorstoss von Jürg Grossen will das illegale Geschäftsmodell von Uber legalisieren und gleichzeitig die Bekämpfung von Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit in vielen Branchen praktisch verunmöglichen. Die Unia wird dieses Vorhaben energisch bekämpfen!

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