Bei der Marke mit der Krone herrschte ein Vorgesetzter «wie ein Prinz»
Mobbing und Belästigung bei Rolex

Jahrelang belästigte der ­Leiter einer Abteilung von Rolex in Genf ungestraft ­Dutzende von Mitarbeiterinnen und ­Mitarbeitern. Vier ­ehemalige Rolex-Arbeiterinnen und ­-Arbeiter berichten über die ­unterirdische Firmenkultur bei der Luxus-Uhrenmarke.

UNRUHEN: Bei der Luxusmarke Rolex hat ein Manager seine Macht missbraucht, um ­Mitarbeitende zu schikanieren. (Foto: Adobe Stock)

Mitarbeitende des globalen Kundendienstes von Rolex beschwerten sich bei der Personalabteilung wiederholt über Schikanen und Mobbing. Doch diese nahm die Beschwerden aus der Abteilung mit etwa 100 Beschäftigten in Genf nicht ernst. Statt Hilfe gab es Ver­setzungen.

Vier ehemalige Mitarbeitende sprechen jetzt über die toxische Atmosphäre bei Rolex. Ex-Mitarbeiter Robert Mattei* kritisiert, dass der im Jahr 2016 an die Spitze des Unternehmens gelangte Manager ein «regelrechtes Kastensystem, eine Pyramide» aufgebaut habe. Von deren Spitze herrschte er ­wie ein Prinz. «Jedes Jahr, wenn wir einen von Rolex Italien gestifteten Riesenpanettone probieren durften, mussten wir in einer langen Schlange warten, um ihm die Hand zu schütteln, als ob wir Treue schwören würden.»

Der «Rolex-Prinz» hat auch Pierre Jeanneret* schikaniert. Er bekam von seinem Vorgesetzten Aufgaben zugeteilt, die er unmöglich fristgerecht erledigen konnte. «Sie haben mich unter Druck gesetzt, der Mensch hat für sie offensichtlich keine Priorität.» Als er den Druck nicht mehr länger ertragen konnte, wurde er krankgeschrieben und später «ohne klaren Grund» entlassen.

FRAGEN ZU IHRER UNTERWÄSCHE

Bei Nathalie Fischer* ging der Vorgesetzte noch weiter: «Ich habe jahrelang unter sexistischen Äusserungen des Managers gelitten.» Er habe die Funktionen eines Autos mit denen einer Frau verglichen. Oder auf seinem Smartphone das Foto einer Frau in knapper Kleidung gezeigt. Und mit stieläugigem Blick auf zwei Mit­arbeiterinnen gesagt: «Ah, wir haben dieses Jahr gut rekrutiert.» Doch damit nicht genug. Na­thalie Fischer sagt: «Bei ­einem Betriebsausflug hat er mich sogar nach meiner Unterwäsche gefragt. Ich habe mich bei der Personalabteilung beschwert. Doch dort fragten sie lediglich nach Beweisen.» Die junge Frau zog es vor, sich anderweitig einen Job zu suchen. Sie musste noch einen Anwalt einschalten, um ein akzeptables Arbeitszeugnis zu erhalten.

Eric Favre* hatte gleich nach seinem Studium bei Rolex angefangen. Bis der neue Manager kam, habe er nie Probleme gehabt. Doch mit dem «Rolex-Prinzen» kamen auch die Demütigungen. Nach einer niederschmet­ternden Sitzung erlitt Eric Favre einen schwe­­ren Unfall. Er war sechs Monate lang krankgeschrieben. Nach seiner Rückkehr ging das Mobbing weiter, bis Rolex ihn im Januar 2024 entliess. In seinem Kündigungsschreiben steht, dass ihm der Grund «mündlich» mitgeteilt werde. Eric Favre: «Sie haben mir gesagt, dass sie nicht mehr mit mir arbeiten wollen.»

«ROLEX-PRINZ» WIRD ENTLASSEN

Aber auch die Zeit des «Rolex-Prinzen» war da schon abgelaufen. Er wurde im Dezember 2023 entlassen. Aufgrund von Beschwerden und nach der Intervention der Unia wurden interne und externe Unter­suchungen eingeleitet, bei denen rund fünfzig Personen angehört wurden. Das kantonale Amt für Arbeitsinspektion und Arbeits­beziehungen (Ocirt) verlangte die Einführung von Massnahmen zur Vermeidung psychosozialer Risiken. Alejo Patiño, Gewerkschaftssekretär der Unia Genf, sagt: «Diese Aufforderung zur Einhaltung der Vorschriften gilt auch für die Produktion. Das betrifft nicht ­weniger als 3500 Beschäftigte, die temporär Angestellten nicht mitgerechnet.» Insgesamt wurden fünf Vorgesetzte versetzt.

Für Eric Favre kam dieser Wechsel zu spät. Unia-Mann Patiño sagt: «Es handelte sich offensichtlich um eine Kündigung als Vergeltungsmassnahme gegen einen Whis­tleblower.» Rolex sei kein gewerkschaftsfeindliches Unternehmen, sagt Patiño. «Aber die Sozialpartnerschaft hat es nicht ermöglicht, Lösungen zu finden. Wir haben die Personalabteilung und den Arbeitgeberverband kontaktiert, wir haben alle Möglichkeiten ausgeschöpft, aber wir müssen feststellen, dass das Unternehmen die Türen für jegliche Diskussion geschlossen hat.»

Rolex schreibt in einer Stellungnahme, dass sie nach der Feststellung von Problemen in dieser Abteilung «sofort die notwendigen Massnahmen ergriffen» habe. Diese hätten «auch auf den höchsten Hierarchiestufen zu Vertragsbrüchen geführt». Dar­über hinaus arbeite das Unternehmen bei den Präventionsmassnamen «aktiv» mit den Behörden zusammen.

*Name geändert

Dieser Artikel erschien in längerer Form in der ­Westschweizer Unia-Zeitung «Événement syndical».

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