Einbürgerung ist eine Klassenfrage. Das zeigt die neue Studie der Eidgenössischen Migrationskommission. Den roten Pass können sich nur Menschen mit dickem Portemonnaie leisten. Seit der Änderung des Bürgerrechtsgesetzes im Jahr 2018 haben sich fast ausschliesslich Wohlhabende mit hohen Bildungsabschlüssen einbürgern lassen.
Und genau das wollte die bürgerliche Parlamentsmehrheit mit der Gesetzesänderung: Wirtschaftliche Unabhängigkeit gehört nebst Integration und Sprache zu den wichtigsten Parametern bei der Einbürgerung. Heisst: Wem das nötige Geld fehlt, kann die Einbürgerung vergessen. Darf der Einbürgerungsprozess in einer Demokratie eine Frage von Privilegien sein? Nein!
Hier treffen die Grenzen der Demokratie auf den unbegrenzten Kapitalismus. Ein übler Zustand, denn ein Viertel der Schweizer Bevölkerung kann politisch nicht mitbestimmen. Wer zu diesem Viertel gehört und sich mit einer Einbürgerung mehr Rechte verschaffen will, braucht enorm viele Ressourcen. Gerade in sozial schwächeren Kreisen sind diese in vielen Fällen nicht vorhanden. Es braucht nicht nur eine Stange Geld für den roten Pass. Es braucht viel Zeit, hohe Sprachkenntnisse, Mut und Selbstvertrauen. Denn wer sich bei seiner Gemeinde um eine Einbürgerung kümmert, muss damit rechnen, diskriminiert zu werden. Fast jeder Einbürgerungsprozess wird von Willkür dominiert.
UNFAIR
Wie prekär die Ausgangslage für Menschen ohne Schweizer Pass ist, ist vielen nicht bewusst. Wird die Miete, die Krankenkassenprämie oder das Rentenalter erhöht, können sie politisch praktisch nichts dagegen unternehmen. Wird ein Arbeiter von seinem Chef unwürdig behandelt oder erlebt eine Frau zu Hause Gewalt, riskieren sie ihren Aufenthalt in der Schweiz, wenn sie sich wehren. Und so wird jede vierte Person in der Schweiz politisch fremdbestimmt und bleibt unsichtbar, obwohl jeder und jede einzelne täglich für den Wohlstand dieses Landes chrampft. Auf dem Bau, am Bankschalter, in der Reinigung, in der Fabrik, am Spitalbett, in Schulen oder zu Hause bei der Kinderbetreuung. Diese unfairen Einbürgerungskriterien sind eine Gefahr für die Demokratie und ein Armutszeugnis für unser reiches Land. Mitbestimmung darf nicht am Kontostand scheitern.
DIE INITIATIVE
Zurzeit werden Unterschriften für die Demokratie-Initiative gesammelt. Diese möchte den Einbürgerungsprozess erleichtern. Nach fünf Jahren rechtmässigem Aufenthalt in der Schweiz soll eine Einbürgerung möglich sein, unabhängig von der Niederlassungsbewilligung. Zudem soll es einheitliche Kriterien für ein faires Verfahren geben. Hier können Sie unterschreiben: