Wer künftig für den Kanton St. Gallen bauen will, braucht definitiv einen sauberen Auszug aus dem Firmenkontrollregister ISAB. Ein überfälliger Schritt, wie ein aktueller Skandal in Sargans zeigt.
KUNSTSTÜCK: An den Kuchen zum Baustart der Kanti hatte der Kanton gedacht, nicht aber daran, die Baubuden zu überprüfen. (Foto: Kantonsschule Sargans)
Jetzt ist es definitiv! Wer künftig für das Hochbauamt des Kantons St. Gallen Aufträge ausführen will, muss einen sauberen ISAB-Auszug vorlegen. ISAB ist das nationale Kontrollregister für Baufirmen und zeigt, ob diese die Gesamtarbeitsverträge einhalten oder nicht. Auch die Schwere allfälliger Verstösse wird erfasst und ob noch Löhne oder Strafzahlungen geschuldet sind. Das St. Galler Tiefbauamt wird voraussichtlich ebenfalls ISAB-Auszüge verlangen, entsprechende Prüfungen laufen.
Was nach einem simplen Verwaltungsakt klingt, ist tatsächlich ein Meilenstein im Kampf gegen die grassierende Dumping-Seuche im Bauwesen. Denn bisher brauchten potentielle Auftragnehmer in St. Gallen bloss eine einfache Selbstdeklaration einzureichen. Den Zuschlag erhielt in der Regel jene Firma, die das günstigste Angebot machte und dreist genug beteuerte, «sauber» zu sein. Dem schiebt der grösste Ostschweizer Kanton nun einen Riegel. Das hat Pioniercharakter. ISAB war bisher erst im öffentlichen Vergabewesen des Kantons Bern obligatorisch. Mit St. Gallen erhöht nun ein zweiter Kanton die Hürden für Betrügerbuden empfindlich.
Ein Erfolg, der auf Unia-Mann und SP-Kantonsrat Florian Kobler zurückgeht. Zusammen mit dem St. Galler Baumeisterpräsidenten und FDP-Kantonsrat Thomas Toldo hatte er bei Baudirektorin Susanne Hartmann (Mitte) angeklopft und exakt diese Massnahme angeregt. Dass Regierungsrätin Hartmann damit bestens beraten war, zeigt ein aktueller Fall aus Sargans.
BILIGPREISE BEI SCHULHAUS
Dort laufen seit einem Jahr die Bauarbeiten für ein neues Kantonsschulgebäude. Wegen Einsprachen war das Projekt fünf Jahre lang blockiert und kostet nun 15 Prozent (7,5 Millionen Franken) mehr, als die St. Galler Stimmbevölkerung einst genehmigt hatte. Der Kostendruck ist also noch höher, als er es schon im Normalfall wäre. Jedenfalls suchte die Generalunternehmerin, die Lazzarini AG aus Chur, einen Subunternehmer für die Eisenlegerarbeiten. Die Wahl fiel auf die Iseni Armierungen & Schalungen aus Pfäffikon SZ. Sie bekommt laut Eigenangaben 320 Franken pro Tonne verlegter Armierungseisen. Das ist nicht gerade ein Schleuderpreis, aber doch sehr wenig. So gilt in der Branche generell: Pro Tag vermag ein Arbeiter rund eine Tonne Eisen zu verlegen. Bei 320 Franken muss Iseni also knallhart kalkulieren, damit sich der Auftrag überhaupt lohnt. Schliesslich müssen auch noch Fahrkosten, Steuern und vor allem Sozialabgaben entrichtet werden. Dass die Arbeitsbedingungen bei solchen Preisen unter Druck geraten, liegt auf der Hand. Und: Iseni ist kein unbeschriebenes Blatt.
Als die paritätische Kommission die Firma 2020 kontrollierte, deckte sie schwere GAV-Verstösse auf. Der Firmenchef spricht von einem «Anfängerfehler». Er habe die Firma damals erst gerade eröffnet, sagt er auf Anfrage. Die Mindestlöhne habe er leicht unterschritten, aber nicht absichtlich. Das habe ihm eine Busse von rund 12 000 Franken eingebrockt. Fakt ist: Die Busse ist längst bezahlt, nicht aber die Lohnforderung. Erst im Zug dieser work-Recherche kam Bewegung in die Sache: Plötzlich intervenierte der Bauherr, also der Kanton, beim Inhaber und verlangte die sofortige Zahlung der ausstehenden Löhne. So zumindest schildert es der Eisenlegerchef selbst. Er habe die Sache gar nicht mehr auf dem Schirm gehabt, gesteht er. Es habe sich ja bloss um wenige Hundert Franken und «nur» fünf betroffene Arbeiter gehandelt.
KANTON IST LERNFÄHIG
Wie auch immer: Die Löhne sind jetzt nachweislich bezahlt. Und wenn es stimmt, was die Eisenleger auf der Sarganser Baustelle sagen, dann scheint die Firma ihre Lektion gelernt zu haben. Als kürzlich ein Unia-Team die Baustelle besuchte, nannten die Büezer jedenfalls Löhne und Arbeitszeiten, die mit dem Landesmantelvertrag fürs Bauhauptgewerbe konform sind. Eine detaillierte Abklärung läuft. Und der Kanton? Auch er scheint lernfähig. Jedenfalls wäre das nachträgliche Rumtelefonieren zur Skandalbeschränkung nicht nötig gewesen. Wenn er schon früher auf ISAB gesetzt hätte.