Milliardäre weltweit besteuern
Dieser Mann bittet Superreiche zur Kasse!

Eine weltweite Mindeststeuer auf Megavermögen gibt es nicht – noch nicht. Denn jetzt hat der französische Starökonom Gabriel Zucman untersucht, wie eine solche Steuer umgesetzt werden müsste. Auch in der Schweiz wären 41 Milliardäre betroffen.

GEGEN DIE UNGLEICHHEIT: Starökonom Gabriel Zucman hat in seiner neusten Untersuchung die Superreichen ins Visier genommen. (Foto: Keystone)

Gabriel Zucman (37) kennt die Verstecke und Daten der Superreichen: Seit einem Jahrzehnt forscht der französische Starökonom und Wirtschaftsprofessor zu Ungleichheit und extremem Reichtum. Zusammen mit Thomas Piketty leitet er das Projekt «World Wealth and Income Database WID». Die NZZ bezeichnete die beiden Professoren zuletzt als «Ökonomen mit grossem Umverteilungsdrang», weil sie nicht nur die datenbasierten Grundlagen liefern, sondern wirtschaftliche Ungleichheit als zentrales soziales Spannungsfeld erkennen und an der politischen Debatte teilnehmen.

Milliardärskaste besteuern

In seiner neusten Untersuchung richtet Zucman den Fokus auf die weltweite Kaste der Milliardärinnen und Milliardäre sowie auf ihre Besteuerung. Im Auftrag der brasilianischen Linksregierung, die derzeit den Staatenverbund der G 20 präsidiert, hat Zucman einen Vorschlag für eine neue globale Mindeststeuer zulasten der Superreichen gemacht. Milliardäre sollen in Zukunft zwei Prozent Steuern auf ihr Vermögen zahlen (Link zum Report). Der Bericht zeigt auf, wie Superreiche Steuerschlupflöcher nutzen. So verstecken sie ihr Vermögen in Trusts oder verschieben ihren Wohnsitz in ein Tiefsteuergebiet. Daher sind die Vermögen der weltweit knapp 3000 Milliardärinnen und Milliardäre in den letzten 30 Jahren explodiert: Im Schnitt sind die Superreichen heute 15 Mal reicher als noch im Jahr 1990. Ihr Vermögen wird auf inzwischen 13 000 Milliarden US-Dollar geschätzt. Das entspricht etwa der gesamten jährlichen Wirtschaftsleistung der EU! Mit einer globalen Mindeststeuer will Zucman die zunehmende Ungleichheit wenigstens ein bisschen bremsen. Laut seinen Berechnungen würde eine einheitliche globale Mindeststeuer von zwei Prozent weltweit 200 bis 250 Milliarden Dollar Steuereinnahmen pro Jahr für die Staaten und ihre öffentlichen Dienstleistungen freispielen. Für die Milliardäre ein Klacks, nicht aber für die Staatshaushalte.

Neue Uno-Steuerkonvention

Die globale Steuergesetzgebung ist auch Thema bei der Uno in New York. Dort laufen seit Anfang Jahr die Verhandlungen über die Ausgestaltung der Rahmenkonvention für die internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen. Dominik Gross ist als Steuerexperte der Entwicklungsorganisation Alliance Sud in diesen Prozess involviert. Er sagt:

Noch nie kamen die Länder des globalen Südens (G 77) mit ihren steuerpolitischen Anliegen in der Uno so weit wie im letzten halben Jahr.

Steuerexperte Dominik Gross. (Foto: Alliance Sud)

Dieses neue Selbstbewusstsein und die Einigkeit sind auch eine Folge der Frustration über die globale Mindeststeuer für Konzerne, die von den OECD-Staaten des globalen Nordens sehr einseitig zu ihren eigenen Gunsten gestaltet wurde. Wenn die UN-Generalversammlung im September der Ausarbeitung einer neuen Steuerkonvention zustimmt, könnte auch die Umsetzung der Milliardärssteuer zu einem Thema der neuen Steuerkonvention werden. Die zukünftigen globalen Regeln der Steuergesetzgebung werden auf jeden Fall zu einem Schlüssel im Kampf gegen extreme Ungleichheit und Armut.

Und die Schweiz?

Die Schweiz gehört mit Spanien und Norwegen zu den drei einzigen europäischen Ländern mit einer bereits existierenden Steuer auf private Vermögen. Länder wie Deutschland oder Frankreich haben ihre Vermögenssteuern abgeschafft. Doch die Schweizer Vermögenssteuersätze liegen je nach Kanton zwischen 0,2 Prozent und einem Prozent, im Schnitt bei tiefen 0,4 Prozent. Trotzdem brachten kantonale Vermögenssteuern 2021 insgesamt fast 9 Milliarden Franken Steuereinnahmen. Eine Anhebung des Vermögenssteuersatzes auf zwei Prozent würde mehrere zusätzliche Milliarden für die Öffentlichkeit, zum Beispiel zugunsten der AHV, generieren. Dass sich die Schweizer Ultrareichen mit ihren (Finanz-)Mitteln gegen eine solche Steuererhöhung wehren, ist gesetzt. Sie haben nicht nur das Geld, sondern auch die politischen Connections: Mit zwei Angehörigen des Blocher-Clans, Bahnbauer Peter Spuhler und Autohändler Emil Frey, ist die SVP besonders zahlreich in der abgehobenen Liste der 41 Schweizer Milliardäre vertreten. Und so trägt die Schweizer Steuerpolitik weiterhin das Siegel der Superreichen – im Inland wie auch bei internationalen Verhandlungen.

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