Ratgeber für alle angehenden Stiftinnen und Stifte
Von Arbeitszeitregelung bis Lernendenausweis

Nach den Sommerferien ­beginnen viele junge Menschen mit ihrer Lehre. Mit dem ­Eintritt ins Arbeitsleben beginnt auch rechtlich eine neue Phase. Was Lernende wissen müssen und welche Rechte sie kennen ­sollten.

Willkommen in der Lehre: Mit dem Lehrvertrag verpflichtet sich eine Firma, die Stiftin fachgerecht auszubilden. (Foto: Getty Images)

Endlich keine Schule mehr! Viele Neuntklässlerinnen und Neuntklässler können es kaum abwarten, bis die obligatorische Schulzeit beendet ist. Nach den Sommerferien beginnt dann für viele ein neues Leben in der Arbeitswelt. Das ist mit Pflichten gegenüber der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber verbunden, aber auch mit Rechten, die Lernende unbedingt kennen sollten.

ARBEITSZEIT

Deine Arbeitszeit ist im Lehrvertrag geregelt. Sie beträgt höchstens 45 Stunden pro Woche (in einigen Branchen auch 50 Stunden). Gilt in deiner Firma oder Branche ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV), darf die maximale Dauer der im GAV festgelegten Arbeitszeit nicht überschritten werden. Für Minderjährige ab 15 Jahren gelten zusätzliche Regeln: Die tägliche Arbeitszeit darf nicht mehr als neun Stunden betragen. Ausserdem dürfen Minderjährige vor Berufsschultagen nicht länger als bis 20 Uhr arbeiten. Ganz allgemein dürfen Jugendliche bis zum vollendeten 16. Altersjahr höchstens bis 20 Uhr und Jugendliche von mehr als 16 Jahren höchstens bis 22 Uhr beschäftigt werden. Für Minderjährige gilt gemäss Jugendarbeitsschutz (rebrand.ly/jugend-arbeitsschutz) eine Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden zwischen zwei Arbeitstagen. Das heisst zum Beispiel: Nach einem Arbeitseinsatz bis 20 Uhr dürfen Minderjährige am nächsten Tag frühestens ab 8 Uhr eingesetzt werden. Hier gibt es Ausnahmen je nach Beruf, Branche und Alter der lernenden Person. Bei Lernenden, die ohne Sonntags- oder Nachtarbeit die Ziele der Ausbildung nicht erreichen können, sind Sonderregelungen möglich. Die betreffenden Berufe sind in einer Verordnung des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) aufgeführt.

ÜBERSTUNDEN

Als Überstunden bezeichnet man jene Arbeitsleistung, die die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit überschreitet. Dabei wird zwischen Überstunden und Überzeit unterschieden: Mit Überzeit sind Arbeitsstunden gemeint, die ausserhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Maximalarbeitszeit geleistet werden. Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber kann von dir Überstunden verlangen. Für Minderjährige gibt es aber spezielle Regeln: Zusammen mit den Überstunden darf die Höchstarbeitszeit von neun Stunden pro Tag nicht überschritten werden. Zu den neun Stunden zählt auch der Unterricht an der Berufsschule an diesem Tag. Diese neun Stunden dürfen nicht auf mehr als 12 Stunden pro Tag (einschliesslich Pausen) verteilt werden. Musst du Überstunden leisten, dann hast du das Recht, die genaue Anzahl zusätzlich geleisteter Arbeitsstunden als Freizeit zu kompensieren – oder du hast Anrecht auf einen Lohnzuschlag von mindestens 25 Prozent. Da der Lernendenlohn meistens nicht sehr hoch ist, lohnt sich in den meisten Fällen die Kompensation durch Zeit um einiges mehr.

ZUGETEILTE AUFGABEN

Natürlich wirst du im ersten Lehrjahr oft zuschauen und Aufgaben erledigen müssen, die du vielleicht nicht extrem spannend findest. Du wirst hin und wieder Kopien machen oder Kaffee kochen müssen. Schliesslich fehlt dir noch das Fachwissen, um anspruchsvolle Arbeiten zu erledigen. Aber Zuschauen und Kaffeekochen sollten nicht deine Hauptbeschäftigungen sein. Denn dein Arbeitgeber hat dir gegenüber einen Bildungsauftrag. Mit dem Lehrvertrag verpflichtet sich die Firma, dich fachgerecht im gewählten Beruf auszubilden. In den Bildungsverordnungen und -plänen ist für jeden Beruf festgehalten, welche Fähigkeiten vermittelt werden sollen. Hält das Gefühl, dass deine dir zugeteilten Aufgaben wenig mit deiner Ausbildung zu tun haben, über längere Zeit an, solltest du das Gespräch mit deiner Ausbilderin oder deinem Ausbilder suchen. Ändert sich auch danach nichts, hilft dir deine Gewerkschaft gerne weiter.

JUGENDURLAUB

Grundsätzlich hast du als Lernende bis zum vollendeten 20. Lebensjahr Anrecht auf mindestens fünf Wochen bezahlte Ferien. Zudem hast du das Recht auf eine Woche Jugendurlaub pro Jahr, wenn du zum Beispiel Pfadileiterin bist, dich in einer sozialen Einrichtung frei­willig engagierst oder als Leiterin Jugend + Sport-Lager (J + S) begleitest. Diese Extra-Ferienwoche ist aber unbezahlt – sofern im Arbeitsvertrag oder in einem Gesamtarbeitsvertrag nicht etwas anderes vereinbart wurde –, und sie muss mindestens zwei Monate vorher beim Lehrbetrieb angemeldet werden. Das Recht auf Jugendurlaub gilt bis zum 30. Altersjahr.

BERUFSKLEIDUNG

Es gibt Berufe, die eine bestimmte Berufskleidung vorschreiben, sei es zum Schutz der Gesundheit oder vor Unfällen oder für einen einheitlichen Auftritt bei Kundenkontakt. Egal aus welchem Grund du Berufskleidung brauchst: der Lehrbetrieb muss dir passende Kleidung zur Verfügung stellen oder sie dir vollumfänglich bezahlen, sofern im Lehrvertrag oder im Gesamtarbeitsvertrag nichts anderes steht.

AUSWEIS FÜR LERNENDE

Als Lernende oder Lernender bekommst du bei Ausbildungsbeginn einen Ausweis, der in der Regel von der Berufsfachschule ausgestellt wird. Mit diesem Lernendenausweis bekommst du vieles günstiger, zum Beispiel im öffentlichen Verkehr, in Kinos, Museen, Theatern, in Buchhandlungen, beim Kauf eines Computers, aber auch bei Sportanlässen und beim Abonnieren von Zeitschriften oder Magazinen.

work-Tipp: Wissen für Lernende

Noch mehr Wissenswertes zum Thema Ausbildung und Rechte erfährst du auf der Website ­«Rechte der Lernenden» der ­Jugendkommission des Schweizerischen ­Gewerkschaftsbundes (SGB). ­Alphabetisch geordnet findet sich von A wie Absenzen über M wie Massenentlassung bis zu Z wie Zwischenprüfungen alles, was Lernende über ihre Rechte wissen müssen. Und natürlich kannst du dich auf der Seite auch gleich als Gewerkschaftsmitglied anmelden, wenn du dich engagieren möchtest.


Stress in der Lehre Fühlst du dich nicht gut?

Arbeitsbelastung, Leistungsdruck, neues Umfeld: Eine Ausbildung kann ziemlich anstrengend und fordernd sein. Wenn du merkst, dass es dir nicht gutgeht, dass sich das ­Gedankenkarussell dreht und du schlecht schläfst, solltest du mit jemandem darüber reden und herausfinden, wo genau die Ur­sache für die Belastung liegt. Es kann schon helfen, zu überlegen, welche Veränderung die Situation entspannen und verbessern könnte.

ANLAUFSTELLEN

Gesprächspartnerinnen oder Gesprächspartner in herausfordernden Situationen können deine Eltern sein, deine Ausbilderin oder dein Ausbilder oder die Be­ratungsstelle der Berufsfachschule. Bei akuten ­Krisen kannst du das Notfalltelefon 147 für Kinder und ­Jugendliche anrufen und anonym mit jemandem sprechen. Auch online gibt es viele Angebote, zum ­Beispiel die Websites www.147.ch oder www.tschau.ch, die E-Be­ratung für Jugendliche ­bietet. Wenn du unsicher bist, ob deine Lehre die richtige für dich ist, kann dir eine ­Beratung beim Berufsinformationszentrum (BIZ) vielleicht weiterhelfen und ­Möglichkeiten aufzeigen. Das BIZ in deiner Nähe ­findest du hier.

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