Ermittlungen gegen Transportunternehmer Mazur
Was droht dem Panzer-Paten von Gräfenhausen?

Der legendäre Trucker-Streik von Gräfenhausen war ein voller Erfolg – zumindest für die Fahrer von damals. Denn der Lohnklau-Boss ist sich treu geblieben. Obwohl ihm in Deutschland Knast droht – wegen Einfuhr einer Kriegswaffe.

MIT PANZERWAGEN UND SCHLÄGERTRUPPE. Die Massnahmen von Lukasz Mazur, wenn die Trucker streiken.

Es ist ein gutes Jahr her, seit der polnische Transportunternehmer Łukasz Mazur am Rastplatz Gräfenhausen in der Nähe von Darmstadt anrückte – und zwar in einem Panzerwagen und in Begleitung eines Schlägertrupps. Sein Ziel: seinen streikenden Truckern die Lastwagen wegnehmen! Doch die Fahrer wehrten sich, die Polizei schritt ein und verhinderte weitere gewalttätige Übergriffe (work berichtete). Seither ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft gegen den Spediteur und die von ihm beauftragte Detektei Rutkowski Patrol. work wollte wissen: Wo stehen die Ermittlungen, und was droht dem Panzer-Paten im Falle einer Verurteilung?

Einfuhr einer Kriegswaffe kann bis zu fünf Jahre Knast bringen

Die Liste der Vorwürfe gegen Mazur und seine Handlanger ist lang. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt ermittelt unter anderem wegen Landfriedensbruchs, versuchter Nötigung und Körperverletzung sowie Verstosses gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Allein letzteres – die ungenehmigte Einfuhr von Kriegswaffen – kann dem LKW-Boss eine Freiheitsstrafe von einem bis fünf Jahren einbringen. Die Darmstädter Staatsanwaltschaft habe ein Rechtshilfeersuchen an Polen gestellt, berichtet deren ihr Sprecher auf Nachfrage. Es solle festgestellt werden, ob es sich bei dem gepanzerten Fahrzeug der Marke «AMZ TUR VI» – es soll einst für den Afghanistan-Einsatz polnischer Streitkräfte entwickelt worden sein – um eine Kriegswaffe handelt.

Die Ermittlungen gegen die Fahrer wegen angeblicher Nötigung wurden hingegen eingestellt – aus Mangel an öffentlichem Interesse. «Das Verfahren hatte gerade das gegenteilige Interesse der Öffentlichkeit an dem Schutz der unter schlechten Arbeitsbedingungen tätigen Beschuldigten der Öffentlichkeit bestätigt», erläuterte die Staatsanwaltschaft.

Bayern ermittelt wegen Pfefferspray-Attacke

Gegen Mazur wird hingegen auch im bayerischen Memmingen ermittelt – wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung und Hausfriedensbruch. Hintergrund ist die Pfefferspray-Attacke auf einen usbekischen Fahrer, der im April dieses Jahres auf dem Rastplatz Burgauer See bei Günzburg seinen ausstehenden Lohn einforderte. 

Da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien, könne sie zu einem konkreten Strafmass keine Auskünfte erteilen, so die Staatsanwaltschaft Memmingen auf Nachfrage. Grundsätzlich sei beim Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung aber ein Rahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen. 

Neuer Name – alte Praktiken 

«Diese kriminellen Aktivitäten müssen verfolgt und hart bestraft werden», fordert Edwin Atema von der gewerkschaftlichen Stiftung Road Transport Due Dilligence (RTDD), die die Trucker unterstützt. «Wir haben jede Woche Mazur-Fahrer, deren Lohn zu spät oder nicht vollständig ausgezahlt wurde. Der systematische Betrug geht weiter.» Und das nun offenbar auch in neuem Gewand: Laut Atema hat Mazur eine neue Firma gegründet – die MLogistyka. Vor einem Jahr habe diese nur eine LKW-Lizenz gehabt, jetzt seien es 378 Lizenzen. «Das einzige, was sich geändert hat, ist der Name – die kriminellen Praktiken von Betrug und Einschüchterung sind dieselben», erklärt der Gewerkschafter. 

WILL KRIMINELLE AKTIVITÄTEN STOPPEN. Edwin Atema von der gewerkschaftlichen Stiftung Road Transport Due Dilligence.(Foto: Michael Schick)

Er sieht die Endkunden in der Pflicht, deren Waren von Mazur transportiert werden. «Nur zu erklären, dass Mazur nicht mehr beauftragt werde, reicht nicht», betont Atema.

Die Unternehmen müssen konkrete Massnahmen ergreifen, um das in der Praxis auch sicherzustellen.

Was die Firmen tun müssen, um menschenwürdige Arbeitsbedingungen im Transportsektor zu gewährleisten, will das zuständige deutsche Bundesamt BAFA in einer Handreichung darlegen. Diese werde derzeit in Zusammenarbeit mit Unternehmen, Verbänden und Gewerkschaften entwickelt, so ein BAFA-Sprecher auf Nachfrage. «Das Thema bewegt sich – gut so», meint Atema. «Die Sorgfaltspflicht im Transportsektor muss nun auch im Alltag greifen.»

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