Was ist aus der Klimabewegung geworden?
Besuch im Basler Klimacamp

Die grossen ­Klimademos sind Geschichte, die Klimabewegung aber nicht. Das Collective Climate Justice (CCJ) hat in Basel ein Klimacamp organisiert, work war vor Ort.

KLIMA UND GRENZEN: Die Aktivistinnen Meret Schefer (l.) und Ella Lamy vor den Stickereien zum Thema Migration. (Foto: Iwan Schauwecker)

Im «No Borders Klimacamp» frühstücken an diesem Dienstagmorgen im Schatten der Bäume etwa 40 Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten. Während einer Woche besetzten sie einen Park im ehemaligen Basler Industriequartier Klybeck. Meret Schefer (20), Mediensprecherin des Klimacamps, sagt:

Das Camp soll den Leuten zeigen, dass ein Leben ohne Kapitalismus möglich ist und dass diese Utopie auch schön und für alle zugänglich ist.

Schefer ist seit fast sechs Jahren beim Klima­streik dabei. Über das Klimacamp sagt sie:

Es beginnt hier im kleinen, indem wir zueinander schauen, indem wir ­darauf achten, woher das Gemüse kommt, und gemeinsam für eine grosse Gruppe kochen.

Die Wegweiser im Camp zeigen links Richtung «Revolution» und rechts Richtung «Klimadesaster».

ENERGIEVERSORGUNG

Während einer Woche gibt es im Camp theoretische und praktische Workshops und kulturelle Veranstaltungen. Eine Arbeitsgruppe aus Bern präsentiert ihre Vision zur Ver­gesellschaftung der lokalen Energieversorgung. Die meisten Zuhörerinnen und Zuhörer sind zwischen 18- und 25­-
jährig. Die Energieunternehmen seien ein Schlüsselsektor und müssten ausserhalb des kapitalistischen Systems organisiert werden, sagt einer der Aktivisten. Auch die Biologiestudentin Ella Lamy (25) vom CCJ sieht das so:

Die Mehrheit der Bevölkerung verliert durch den Kapitalismus, auch in der privilegierten Schweiz.

Der Bau des Gas-Reservekraftwerks in Birr oder der Widerstand des Parlaments gegen das Urteil des Gerichtshofs für Menschenrechte in Strassburg zeigten deutlich, dass ­die heutigen politischen Insti­tu­tionen nicht fähig seien, eine klimagerechte ­Politik zu machen.

ANNULLIERTES VISUM

In einem anderen Zelt hängen gestickte Motive zum Thema ­Migration, die in einem Stickworkshop entstanden sind. Mediensprecherin Schefer sagt:

Weil der Bund und die Konzerne die Klimakrise vorantreiben, werden weltweit sehr viele Menschen zur Flucht gezwungen.

Gleichzeitig finanziere die Schweiz die «Festung Europa» jährlich mit Dutzenden von Millionen. Das übergeordnete Thema des Camps sei deshalb die inter­nationale Solidarität, «No borders – keine Grenzen». Damit sollen die globalen Zusammenhänge der Klimakrise verdeutlicht werden. Für eine aussereuropäische Perspektive hätte auch ein Gast aus Marokko anreisen sollen, doch sein Visum wurde kurzfristig annulliert. Am Abend gebe es aber ein Konzert von Personen aus dem nahe gelegenen Asylzentrum.

WIDERSTAND

Von den Gewerk­­­schaften erwartet die Aktivistin Meret Schefer, dass sie ­gemeinsam mit der Klima­bewegung Widerstand gegen die zerstörerische Politik des Bundesrates und der Konzerne leisten. Schefer sagt:

Wir müssen aufzeigen, dass die Klimakrise ­für Arbeitende eine extreme Belastung und eine Gefahr ist, und diesen Kampf gegen die Schweizer Regierung und Konzerne gemeinsam führen.


ILO-Bericht zu HitzeStiller Killer

«Hitze ist ein stiller Killer, der die Gesundheit und das Leben von immer mehr Arbeitnehmenden in allen Teilen der Welt bedroht», schreibt die Internationale Arbeitsorgani­sation (ILO) in einem neuen Bericht (rebrand.ly/stiller-killer). Demnach sind mindestens 2,5 Milliarden Arbeitnehmende übermässiger Hitze ausgesetzt. Mit drastischen Folgen: Jährlich verzeichnet die ILO fast 23 Millionen hitzebedingte Krankheiten und Unfälle und fast 19 000 Hitzetote.

ANSTIEG

Gebiete, die bisher nicht unter extremer Hitze litten, werden bald damit konfrontiert sein. Und in den bereits heissen Regionen müssen die Arbeiterinnen und Arbeiter unter zunehmend gefährlichen Bedingungen arbeiten. Hitzestress kann zu einem tödlichen Hitzschlag führen, aber auch langfristig zu schweren Herz-, Lungen- und Nierenproblemen. Zwischen 2000 und 2020 stieg der Anteil der Arbeiterinnen und Arbeiter in Europa, die übermässiger Hitze ausgesetzt sind, um 17,3 Prozent. Das ist ein fast doppelt so hoher Anstieg wie im weltweiten Durchschnitt.

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.