Europäischer Gewerkschaftsbund warnt
Ferien werden immer mehr zum Luxusgut

Fast 40 Millionen Menschen können sich in Europa keine Ferien leisten, und sei es auch «nur» für eine Woche. Weder im Ausland noch im eigenen Land.

SUN, FUN AND NOTHING TO DO: Leider können sich viele Familien gemeinsame Ferien nicht mehr leisten. (Foto: Keystone)

Bezahlte Ferien sind eine wichtige linke Errungenschaft: in den 1930er-Jahren vereinigten sich linke Parteien und Gewerkschaften zum «Front Populaire». Als dieser 1936 an die Macht kam, führte einen gesetzlichen Ferienanspruch ein. Die Schweiz machte es Frankreich in den 1940er-Jahren nach (work berichtete).

Doch jetzt gefährdet Armut diesen Fortschritt. Die Zahl der Menschen, die sich keine Ferien mehr leisten können, steigt stetig an. Fast 40 Millionen Menschen können sich in Europa keine Ferien leisten. Keine einzige Woche, weder im Ausland noch im eigenen Land. Das zeigen Zahlen des Europäischen Gewerkschaftsinstitutes (ETUI), dem Forschungszentrum des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB). 

Ausgerechnet Bella Italia 

Den höchsten Anstieg an «Ferien-Armut» im Jahr 2022 haben Frankreich und Irland zu verzeichnen. In absoluten Zahlen sind ausgerechnet in der Feriendestination Italien am meisten Menschen davon betroffen (rund 6 Millionen). In der Schweiz leben 6,1 Prozent der Kinder in einem Haushalt, der sich pro Jahr nicht eine Woche Ferien weg von zu Hause leisten kann.

Die Zahlen für 2023 könnten sogar noch schlechter ausfallen, warnt der EGB. Weil die Kosten für Ferien im letzten Sommer einen Rekordanstieg verzeichneten und die Reallöhne in der gesamten EU im vergangenen Jahr aufgrund der Inflation gesunken sind.

Ferien sind kein Luxus

Für EGB-Generalsekretärin Esther Lynch ist klar: «Nachdem sie das ganze Jahr über hart gearbeitet haben, sollten sich die Arbeitnehmenden Ferien leisten können. Denn Ferien ist kein Luxus, eine Auszeit mit der Familie ist der Schlüssel zum Schutz der körperlichen und geistigen Gesundheit der Arbeitnehmenden und bietet Kindern wertvolle Erfahrungen.» Und weiter:

Jene Managerinnen und Manager, die die profitorientierte Inflation verursacht haben, sonnten sich auf dem Höhepunkt der Lebenshaltungskostenkrise in Luxusresorts. Während für vierzig Millionen hart arbeitende Menschen und ihre Familien, die gerade mal das Essen auf den Tisch bringen konnten, Ferien unerschwinglich waren.

Deshalb sei es kaum verwunderlich, dass die Wut in der Gesellschaft wachse. Zu viele Menschen sehen die Vorteile der starken europäischen Wirtschaft nicht mehr in ihrem Alltag. «Wir müssen dringend die Zahl der Arbeitnehmenden, die unter Tarifverträge fallen, erhöhen. Das ist der beste Weg, um sicherzustellen, dass die arbeitenden Menschen einen fairen Anteil an dem von ihnen geschaffenen Wohlstand erhalten.»   

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