Neue Covid-Studie bestätigt:
Je niedriger der Lohn, desto gefährlicher der Virus

Die meisten Patientinnen und Patienten, die während der Covidpandemie auf den Intensivstationen um ihr Leben rangen, waren keine Banker oder Broker, sondern Büezerinnen und Büezer. Das zeigt jetzt die Auswertung von schweizweiten Statistiken.

IN LEBENSGEFAHR: Ein Covid-Patient im Jahr 2021, der im Zürcher Triemli-Spital von der Maschine beatmet werden muss. (Foto: Keystone)

Bereits während der Coronapandemie haben Studien gezeigt: vor dem Virus sind wir nicht alle gleich. In Bezug auf die Ansteckung und das Risiko eines schweren Verlaufs bestanden erhebliche Unterschiede. Auf diese Gefahr hatte die Unia schon früh aufmerksam gemacht. Christine Michel, Fachsekretärin für den Gesundheitsschutz, sagte damals zu work:

Die soziale Lage der Menschen spielt in der Pandemie eine grosse Rolle. Menschen mit tiefen Löhnen und in prekären Arbeitsverhältnissen werden überdurchschnittlich hart getroffen.

Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) bestätigt jetzt in seinem jüngsten Bericht diese Ungleichheit.

Hochriskante Blockwohnung

Die Fachhochschule Nordwestschweiz konnte dazu erstmals Daten auswerten, die schwere Covid-19-Erkrankungen, Vorerkrankungen und die soziale Lage der Patientinnen und Patienten verknüpfen. Die Haupterkenntnisse: Bestehende Ungleichheiten wurden verstärkt, da Menschen mit niedrigen Einkommen häufiger an chronischen Erkrankungen wie beispielweise Diabetes leiden. Diese wiederum erhöhen das Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf. Und: Ein tiefes Bildungsniveau, enge Wohnverhältnisse und Berufe mit vielen Kontakten und keiner Möglichkeit für Homeoffice waren während der Pandemie hochriskant.

So hatten Männer und Frauen mit «nur» obligatorischem Schulabschluss ein fast doppelt so hohes Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung als Akademikerinnen und Akademiker. Personen, die in einem Haushalt mit Kindern und Jugendlichen unter 20 Jahren wohnten, hatten ein rund 35 Prozent höheres Risiko für einen Spitalaufenthalt wegen Covid-19 im Vergleich zu Personen, die nur zusammen mit Erwachsenen oder alleine lebten. Kein Wunder, wollten während der Pandemie alle ein Häuschen im Grünen: Personen, die in einem Mehrfamilienhaus wohnten, hatten ein höheres Risiko (25 Prozent) einer schweren Erkrankung als Personen im Einfamilienhaus. Besonders gefährdet waren Menschen, die auf engem Raum leben mussten; sie hatten sogar ein 50 Prozent höheres Risiko, wegen Corona ins Spital zu müssen.

Kein Zugang zur Impfung

Auch in der Berufswelt schlug Covid unterschiedlich zu. Ungelernte hatten ein 70 Prozent höheres Risiko für eine schwere Erkrankung als Kaderleute. Am stärksten betroffen waren Hilfskräfte und Reinigungspersonal, Mitarbeitende in der industriellen Produktion, in der Gastronomie und in Gesundheitsberufen. Berufsleute, die sich sicher im Homeoffice verschanzen konnten, hatten ein um 70 Prozent geringeres Risiko, wegen Covid ins Spital zu müssen.  

Auffällig ist, dass sich die Unterschiede in der zweiten Impfphase verstärkten. Also in jener Zeit, als sich noch nicht alle impfen lassen konnten. In den Impfzentren erschienen hauptsächlich Leute, die flexibel über ihre Zeit verfügen konnten und mit der digitalen Anmeldung klarkamen. Während andere, die Schicht arbeiteten oder vom Chef gar nicht freibekamen, sich nicht impfen lassen konnten.

Covid: Für Migrantinnen und Migranten besonders gefährlich

Verglichen mit der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund, hatten Migrantinnen und Migranten ein rund 40 Prozent höheres Risiko, schwer an Covid zu erkranken. Das erhöhte Risiko erklärt das Obsan zu einem grossen Teil durch ihre soziale Benachteiligung (Schulbildung, Einkommen, Wohnen und Arbeiten).

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