Laura mal laut
Laura und die starke Mami

Laura Gonzalez Martinez ist Verkäuferin in Zürich und Gewerkschafterin.

Als jemand von unserem Team für eine Weile ausfiel, bekamen wir eine grossartige Aushilfe. Sie blieb ein paar Monate bei uns, unterstützte uns und brachte frischen Wind. Eine neue Lebensgeschichte trat in unser Team ein: Sie ist Mutter von zwei kleinen Kindern, und ihr Ehemann ist beruflich oft tagelang unterwegs. Sie arbeitet Teilzeit, damit sie sich um die Kinder kümmern kann. Eines der Kinder ist autistisch und braucht somit mehr Aufmerksamkeit, Unterstützung und verschiedene Therapien. Der Zeitaufwand ist enorm, erzählt sie mir. Und die Herausforderungen im Alltag bringen sie nervlich manchmal an ihre Grenzen.

SPIESSRUTENLAUF

Wenn sie mit den Kindern einen Ausflug macht und ihr Kind nicht auf sie hört und sie es mehrfach ermahnen muss, wird sie tatsächlich mit blöden Sprüchen von fremden Menschen attackiert: «Sie haben Ihr Kind nicht im Griff», heisst es dann. Es wäre einfacher, wenn das Kind eine sichtbare Behinderung hätte, da wären die meisten verständnisvoller, sagt sie. Oft muss sie sich rechtfertigen, sich wehren. Sie hat mir einige Situationen erzählt, die exemplarisch für «Mom-Shaming» in unserer Gesellschaft stehen: Egal, was eine Mutter macht, es ist falsch, und sie ist schuld.

HÜRDENLAUF

Auch die Behörden machen meiner Kollegin das Leben schwer. Das Kind hat Anrecht auf eine kleine finanzielle Unterstützung. Um an diese Gelder zu kommen, muss meine Kollegin viele Hürden überwinden. Oft wird sie nicht vollständig informiert und wartet auf das wenige Geld, bis sie auf Eigeninitiative erkennt, was ­alles noch einzureichen ist. Sie sagt:

Ich kann mich zum Glück sprachlich wehren. Wer das nicht kann, ist in diesem System verloren. Nur wenige helfen dir.

Die Betreuungsplätze für Autisten sind rar bis nicht existent, und wie das in Zukunft mit der Schule wird, weiss sie noch nicht. Ich staune Bauklötze, wie diese Frau alles stemmt. Das ist ein Paradebeispiel von unbezahlter Care-Arbeit und Diskriminierung. Ein Grund mehr, um für eine solidarische Gesellschaft zu kämpfen.

Illustration: Laura Gonzalez Martinez

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