Letzte Umfragen zur Abstimmung vom 22. September zeigen:
Der BVG-Bschiss ist angezählt – aber es kommt auf jede Nein-Stimme an!

Die Mehrheit der Menschen sagt in Umfragen Nein zum BVG-Bschiss der Bürgerlichen. Doch Umfragen sind keine Ergebnisse. Darum mobilisieren die Gewerkschaften bis zur letzten Minute.

KLARER TREND: 51 Prozent sind gegen den BVG-Bschiss. (Grafik: work)

Wir haben nicht mehr viel Zeit: In 11 Tagen wird ausgezählt! Und dann zeigt es sich, ob die Pensionskassen-Lobby mit ihrem dreisten BVG-Bschiss durchkommt oder ob die Stimmenden den Revisions-Pfusch an die Absenderinnen und Absender im Bundeshaus zurückschicken. Nach dem grossen Unterschied bei den ersten Umfrageresultaten, bei der die SRG ein relatives Ja zur Reform sah und die Tamedia-Umfrage ein klares Nein, gleichen sich die beiden Umfragen nun an. Bei Tamedia bleibt die deutliche Nein-Mehrheit mit 58Prozent stabil, während die Zustimmungswerte bei der SRG-Umfrage stark gesunken sind und mittlerweile auch unter 50 Prozent liegen.

Buchstäblich jede Stimme

Doch Umfragen sind Umfragen. Was zählt, sind einzig die Stimmen, die am 22. September ab 12 Uhr in den 2131 Gemeinden und Städten der Schweiz gezählt werden. Bis jetzt sind die von einzelnen Gemeinden gemeldeten Stimmbeteiligungen nicht berauschend. Auch darum sagt Unia-Präsidentin Vania Alleva: «Die Umfragen sind ermutigend. Aber noch ist nichts gewonnen. Wir alle müssen weiterhin für ein Nein kämpfen, selbst Nein stimmen gehen und andere Stimmberechtigte zum Nein-Stimmen motivieren. Es kommt auf jede Stimme an! Denn wenn der BVG-Bschiss durchkommt, verlieren wir alle.» Und dieses «jede Stimme» stimmt wortwörtlich. Bei einer Referendumsabstimmung zählt nämlich jede Stimme gleich, weil das Ständemehr nicht erforderlich ist. 

Breite Nein-Koalition…

Gegen die BVG-Reform in der vorliegenden Form wehren sich die Gewerkschaften und die fortschrittlichen Parteien. Sie wollen nicht, dass (fast) alle mehr bezahlen müssen und dafür noch weniger Renten bekommen. Sie wollen nicht, dass die Frauen mit (noch) weniger Lohn leben müssen, nur, um im Alter mit gleich wenig Geld auskommen zu müssen als heute. Sie wollen verhindern, dass Hunderttausende auf einen Schlag 100 bis 200 Franken pro Monat weniger Lohn ausgezahlt bekommen, nur, um im Alter eine minim höhere Rente zu erhalten – wenn überhaupt. Denn wie sich die Reform konkret auswirkt, ist unklar. Weil die bürgerliche Parlamentsmehrheit nicht «nur» eine unsoziale Abbauvorlage gebastelt, sondern diese handwerklich darüber hinaus in einem Ausmass verpfuscht hat, wie es in der Schweizer Politgeschichte noch kaum vorgekommen ist. Klar ist einzig: Bei einem Ja kassieren Banken und Versicherungen weitere Milliarden und müssen dafür noch weniger Rente auszahlen als heute schon.

DIE GEWERKSCHAFTEN SIND LAUT: Pierre-Yves Maillard, Präsident des Gewerkschaftsbundes, protestiert mit der Unia in Genf gegen die BVG-Reform. (Foto: Keystone)

Doch die Gewerkschaften kämpfen nicht alleine: Wirtinnen und Coiffeure, Bäcker und Fitnesstrainerinnen sagen ebenso Nein wie die Metzger. Der Westschweizer Arbeitgeberverband Centre Patronal auch. Im Gewerbeverband haben sich zwar die Verbandsideologen mit einer Ja-Parole durchgesetzt. Aber ein breites gewerbliches Komitee kämpft für ein Nein. Frontfrau ist SVP-Ständerätin und Wirtin Esther Friedli. Sie hat bereits im Parlament gegen die BVG-Reform gestimmt. Sie stellt die richtige Frage auch im Abstimmungskampf: 

Warum sollten wir alle mehr zahlen, wenn die Arbeitnehmer am Schluss gar nicht mehr davon haben?

Weil die vorliegende Vorlage so undurchsichtig und verpfuscht ist, sagen auch die organisierten Pensionskassenfachleute Nein, und Pensionskassen-Stiftungsrätinnen und -Stiftungsräte warnen eindringlich vor einem Ja.

…gegen Finanzindustrie-Millionen

Das Pensionskassensystem ist eine gigantische Profitmaschine für Banken, Versicherungen und dubiose Makler. Die wollen dieses nicht nur am Laufen halten, sondern sogar zusätzlich ölen. Darum haben sie ihre Politikerinnen und Politiker beauftragt, den von den Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelten BVG-Kompromiss zu schreddern – und stattdessen eine milliardenteure Abbauvorlage zu zimmern. Kommt dieser BVG-Bschiss durch, zwackt die Finanzindustrie noch mehr Milliarden am Alterskapital der Lohnabhängigen ab. In den vergangenen 10 Jahren waren es bereits 70 Milliarden Franken. Gleichzeitig sanken die Pensionskassenrenten um 40 Prozent. Diese Aussicht ist so verlockend, dass die Finanzindustrie den Ja-Komitees offiziell rund 4 Millionen Franken für ihre Abstimmungskampagne überwiesen hat.

Noch ist nichts gewonnen

Die Gründe für ein Nein am 22. September sind viele, und sie sind gut. Doch noch ist nichts gewonnen. Darum mobilisieren die Gewerkschaften bis zur letzten Minute. Denn, so sagt es SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard:

Wir wollen nicht die Umfrage gewinnen, sondern die Abstimmung. Nur wenn genügend abstimmen gehen, können wir diesen Renten-Bschiss stoppen!

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