Ein Nein am 22. September macht den Weg frei für eine bessere Lösung
Sechs ganz gute Gründe für ein BVG-Nein

Die BVG-Revision ist so undurchsichtig, dass dies alleine Anlass genug ist, sie haushoch abzulehnen. work zählt trotzdem sechs inhaltliche Gründe auf, warum ein Nein für Pensionierte und Versicherte so wichtig ist. 

OB JUNG ODER ALT: Die Revision des BVG, über die wir am 22. September abstimmen, löst für niemanden ein Problem. (Foto: SGB)

Das Pensionskassensystem ist überaus undurchsichtig. Wer am Ende des Arbeitslebens genau wie viel Rente bekommt, ist kaum präzise vorherzusagen. Es gilt:

Wer es sich einfacher machen will, fährt am besten damit, davon auszugehen, dass es sicher weniger Rente aus der Pensionskasse gibt, als die Versicherer versprechen, dies aber sicher mehr Lohnabzüge kostet als angegeben.

Das ist auch bei der BVG-Reform so, über die wir am 22. September abstimmen. Das BVG-System hat drei Hauptprobleme: den fehlenden Teuerungsausgleich der Renten, die fehlende Gleichstellung und die Abzockerei der Finanzindustrie. Keines davon löst diese Reform. Sie ist handwerklich verpfuscht und inhaltlich ein Bschiss. Aus diesen sechs Gründen ist ein Nein am 22. September die richtige Wahl:

1. Von der Reform sind alle betroffen

Der Mindestumwandlungssatz im BVG-Obligatorium soll von heute 6,8 Prozent auf 6 Prozent sinken. Das bedeutet: Auf 100’000 Franken angespartes Alterskapital gibt es nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr. Das bedeutet: Die Renten werden um 12 Prozent gekürzt. Die Befürworterinnen und Befürworter der Vorlage behaupten nun frech: Weil die meisten Versicherten in irgendeiner Form überobligatorisch versichert sind, betreffe sie diese Kürzung nicht, weil ihr Umwandlungssatz schon tiefer sei. Das ist falsch. Weil: Das Obligatorium gilt für alle – auch für jene, die darüber hinaus versichert sind. Wird der Umwandlungssatz gesenkt, sinkt auch die garantierte Mindestrente. 

2. Höhere Beiträge, weniger Rente

In den letzten 15 Jahren sind die Lohnbeiträge für die Pensionskassen um 14 Prozent gestiegen, die Renten um 300 Franken pro Monat gesunken. Bei einem Ja zur BVG-Reform sinken die Renten um bis zu weitere 3200 Franken pro Jahr. Gleichzeitig müssen die Beschäftigten jährlich 2,1 Milliarden Franken mehr in die Pensionskassen einzahlen. Personen mit tiefen Löhnen sind besonders stark betroffen. Sie bezahlen bis zu 2400 Franken mehr jährlich. 

3. Auf einen Schlag 200 Franken weniger Lohn im Sack

Die Befürworterinnen der BVG-Revision führen die bessere Versicherung tiefer Löhne an, die zu besseren Renten führe. Doch das ist eine Mogelpackung. Weil: Tieflöhner haben auf dem Papier eine zwar leicht höhere BVG-Rente. Sie müssen bis zur Pensionierung aber mehr Geld in die Pensionskasse einzahlen und haben damit jeden Monat 100 bis 200 Franken weniger Nettolohn. Trotzdem bleiben die meisten im Alter auf Ergänzungsleistungen (EL) angewiesen, weil ihre BVG-Rente sowieso nicht zum Leben reicht. Unter dem Strich zahlen sie also drauf. Gleiches gilt für jene, die wegen der minim höheren BVG-Rente die EL verlieren. 

4. Weiterhin kein Teuerungsausgleich für Renten

Anders als von den Befürwortern behauptet, betrifft die BVG-Reform die Rentnerinnen und Renter sehr wohl. Und zwar im negativen Sinne. Das kommt so: Die vorliegende Reform verpflichtet die Pensionskassen weiterhin nicht, die Renten automatisch an die Teuerung anzupassen. Bei einem Ja zur BVG-Reform würden die Renten der Pensionierten – wenn überhaupt – noch seltener an die Teuerung angepasst, als dies heute schon der Fall ist. Denn Pensionierte müssen von den Pensionskassen erst dann berücksichtigt werden, wenn deren Reserven voll geäufnet sind. Heute haben etwa die Hälfte der Pensionskassen diese Schwelle überschritten: sie müssen deshalb diesen Herbst auch Teuerungsausgleiche gewähren. Doch bei einer Annahme der Reform werden die Pensionskassen sich davor drücken. Sie werden zuerst neue Rückstellungen und Reserven bilden, um die Kompensationen zu finanzieren. Das heisst: Die Rentnerinnen und Rentner müssten sich zusätzliche, schmerzhafte Jahre gedulden, bevor sie an die Reihe kämen. Während ihre Renten laufend an Wert verlieren – allein in den letzten drei Jahren betrug der Kaufkraftverlust einer mittleren Pensionskassenrente rund 100 Franken pro Monat. 

5. Die einzigen Profiteure sind Banken und Versicherungen

Hinter der vorliegenden Reform steckt die Finanzindustrie. Banken und Versicherungen haben die bürgerliche Parlamentsmehrheit im Griff. Für sie ist das Pensionskassensystem schon heute ein Milliardengeschäft. Jahr für Jahr stecken sie Milliarden Franken von unserem Altersersparten in den eigenen Sack. Die BVG-Reform vergrössert diese Abzockerei noch: Weil höhere Lohnabzüge an die Pensionskassen fliessen, können die Banken und Versicherungen noch mehr Geld einsacken. Jeder Versuch, die Abzockerei wenigstens ein bisschen einzuschränken, scheiterte an der bürgerlichen Mehrheit im Parlament.

6. Bessere Lösung lag auf dem Tisch

Vor zwei Jahren haben die Gewerkschaften mit dem Arbeitgeberverband zusammen einen Vorschlag ausgearbeitet, wie das BVG-System reformiert und das Rentenniveau der Menschen gesichert werden kann. Der Bundesrat fand diesen Vorschlag gut und machte ihn zu seinem. Doch die bürgerliche Mehrheit im Parlament machte daraus eine Abbauvorlage, vor der nur ihre Sponsoren aus Banken und Versicherungen profitieren. Ein Nein des Volks zu diesem Vorhaben macht den Weg frei für eine bessere Lösung. 

Fazit

Die BVG-Revision löst keines der tatsäch-lichen oder vermeintlichen Probleme der Schweizer Rentensituation. Dafür schafft sie viele neue. Sie ist ein Bschiss und ein Pfusch. Bei einem Nein sind tatsächliche Lösungen mit wirklichen Verbesserungen in Griffweite. Der von den Gewerkschaften und dem Arbeitgeberverband ausgearbeitete Vorschlag ist eine brauchbare Richtschnur.

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