Jean Ziegler ‒ la suisse existe
Streit im Bundeshaus

Jean Ziegler

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Die DEZA ist die Abteilung für wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe im Eidgenössischen Departement für aus­wärtige Angelegenheiten (EDA). Die hervor­ragende Arbeit der DEZA ist ein entscheidend wichtiger Teil der helvetischen Aussenpolitik. Felix Gutzwiller ist Präventivmediziner und ehemaliger Zürcher FDP-National- und Ständerat. Von 2016 bis 2023 präsidierte er die Beratende Kommission des Bundes für internationale Zusammenarbeit.

WIEDERAUFBAU

Soeben veröffentlichte Aussen­minister Ignazio Cassis den Bericht ­«Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2025–2028». Zu diesem Bericht schreibt Gutzwiller in der «NZZ am Sonntag»: «Die vorgesehene Finanzierung gefährdet Teile der weltweit für ihre Qualität bekannten Schweizer Entwicklungszusammen­arbeit.»

Die Ukraine soll für die nächsten vier Jahre 1,5 Milliarden erhalten. Das sind 13 Prozent des gesamten Budgets für die internationale Zusammenarbeit. Gutzwiller sagt: «Der Schweizer Beitrag für den Wiederaufbau der Ukraine soll nicht auf Kosten der ärmsten Länder dieser Welt gehen.»
Auf der Bürgenstock-Konferenz, die vom EDA einberufen wurde, verpflichtete sich die Schweiz, sich massiv am Wiederaufbau der Ukraine zu beteiligen. Diese Verpflichtung ist richtig, sie hat aber nichts mit Entwicklungszusammenarbeit oder humanitärer Hilfe zu tun. Gutzwiller: «Es muss dringend eine andere Finanzierung für den ­Wiederaufbau der Ukraine gefunden werden.»

HUNGERSNOT

In den Entwicklungsländern wütet der Hunger schlimmer denn je. Alle fünf Sekunden stirbt ein Kind unter zehn Jahren am Hunger oder seinen unmittelbaren Folgen (den Mangelkrank­heiten Noma, Kwashiorkor usw.). Die Uno unterscheidet zwischen «strukturellem» und «konjunkturellem» Hunger.

Der «strukturelle» Hunger ist der Hunger, der von den ungenügenden Produktionskapazitäten eines Landes verursacht wird. Der «konjunkturelle» ­Hunger erfolgt, wenn eine Wirtschaft plötzlich zusammenbricht, eine Hungersnot ausbricht, verursacht von Krieg, Klimakatastrophe, Heuschreckenüberfall und anderem. Für die Bekämpfung des «strukturellen» Hungers leistet die DEZA lebenswichtige Arbeit durch ihre langfristigen Projekte der Stützung der Produktionskräfte in den ärmsten Ländern. Sie tut das am erfolgreichsten mit der Finanzierung der Projekte der schweizerischen Nichtregierungsorganisationen Helvetas, HEKS / Brot für alle, Caritas, Terre des hommes.

Beim «konjunkturellen» Hunger agiert die DEZA mit multilateraler Diplomatie. Sie leistet einen wichtigen Beitrag an das Uno-Welternährungs­programm (WFP). Das WFP hat letztes Jahr 92 Millionen Menschen am Leben erhalten.

HOFFNUNG

Im Berner Bundeshaus ist der Kampf um das bundesrätliche Strategiepapier noch längst nicht entschieden. Die Gewerkschaften, die SP, die Nichtregierungsorganisationen bekämpfen das Strategiepapier energisch. Bundesrat Ignazio Cassis hält daran fest.

Wo ist die Hoffnung? Bei der massiven Mobilisierung, dem Aufstand des Gewissens der Zivilgesellschaft, beim Aufstand von uns allen.

Jean Ziegler ist Soziologe, Vizepräsident des beratenden Ausschusses des Uno-Menschenrechtsrates und Autor. Sein 2020 im ­Verlag Bertelsmann (München) erschienenes Buch Die Schande Europas. Von Flüchtlingen und Menschenrechten kam im Frühling 2022 als Taschenbuch mit einem neuen, stark erweiterten Vorwort heraus.

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