Volk schickt den BVG-Bschiss bachab
Dritte Ohrfeige in diesem Jahr für die rechten Renten-Abbauer

Bei der ­Rentenpolitik ­politisiert die rechte ­Parlamentsmehrheit am Volk vorbei. Das hat eine massive Mehrheit am 22. September zum dritten Mal innert sechs Monaten bestätigt.

GESCHAFFT: Das BVG-Nein-Lager jubelt am Sonntag in Bern, darunter Unia-Präsidentin Vania Alleva, Vizepräsidentin Véronique Polito und SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard. (Foto: Keystone)

Mehr AHV, nicht noch mehr bezahlen für noch weniger Leistung bei den Pensionskassen – und schon gar nicht chrampfen bis ins Grab für alle Nichtmillionäre. An diesen Ergebnissen der Abstimmungen vom März und September dieses Jahres lässt sich nicht rumdeuteln.

OHRFEIGEN IN SERIE

Am 3. März sagten 58,2 Prozent der Stimmenden Ja zu einer 13. AHV-Rente. Und auch die Hürde des Ständemehrs, dieser Panzersperre gegen gesellschaftliche Fortschritte, nahm die Gewerkschaftsinitiative locker. Das war der erste Streich. Und er traf die rechten Parteien und ihre Sponsoren aus der Finanzindus­trie heftig. Denn nichts wollen sie seit der Einführung der AHV weniger als deren Stärkung. Denn das Geld verdienen Banken und Versicherungen mit den Pensionskassen. Jahr für Jahr Milliarden. Besonders bitter für die AHV-Feindinnen und -Feinde: Am selben Tag schickte das Volk auch noch die jungfreisinnige Initiative für ein höheres Rentenalter bachab. Davon wollten weniger Menschen etwas wissen, als seinerzeit die Armee abschaffen wollten.

BÜRGERLICHE DURCHSCHAUT

Im Vorfeld der AHV-21-Abstimmung haben vor allem die bürgerlichen Frauen grosse Versprechen gemacht. Die Rentenlücken der Frauen würden bei der BVG-Revision geschlossen. Aber zuerst müssten die Frauen jetzt halt mal ein Jahr länger arbeiten. Zusammen mit den unterdessen endlich eingestandenen Fake-Horror-Prognosen zu den AHV-Finanzen reichte dies für ein Mini-Ja. Doch – wie zu erwarten – waren die Versprechen der rechten Frauen leer. Sie stimmten nicht nur der BVG-Bschiss-Vorlage zu, sondern versuchten sie auch noch als Erfolg für die Gleichstellung zu verkaufen. Völlig diskreditiert hat sich neben den bürgerlichen Parteipolitikerinnen in Rentenfrage auch Alliance F, die unterdessen wie eine weitere Frontorganisation der GLP agiert. Und entsprechend medial gehätschelt wird. Noch nach dem klaren Abstimmungsergebnis huldigten etwa die SRF-Leute der falschen Geschichte von den «enttäuschten Frauen».

EINE KLASSENFRAGE

Die Nachwahl-Befragungen der TX-Medien widerlegen diese rechte Propaganda eindrücklich: 71 Prozent der Frauen sagten Nein. Klar auch das Ergebnis aufgeschlüsselt nach Einkommensklassen. Je kleiner das Einkommen, desto klarer die Ablehnung. Doch selbst bei jenen, die über 16 000 Franken pro Monat verdienen, sagte eine Mehrheit Nein. Von den Parteigän­gerinnen und -gängern sagten gerade mal die GLP-Wählenden Ja. Bei der FDP sagten 53 Prozent Nein. Wobei beides auch umgekehrt sein könnte, weil der statistische Fehlerbereich der Befragung bei 5 Prozent liegt.

Die Umfrage wurde vom Institut Leewas durchgeführt. Dieses hatte die Abfuhr für die BVG-Reform konstant vorhergesagt. Im Unterschied zum Institut GFS, das die SRG-Kanäle noch im August von einer Ja-Mehrheit phantasieren liess.

KÖNNEN RECHTE LERNEN?

Drei Mal Millionen investiert. Drei Mal verloren. Haben die rechten Parteien und die ideologischen Wirtschaftsverbände jetzt begriffen, dass ihre Rentenpolitik beim Volk keine Chance hat? Die ersten Reaktionen lassen daran zumindest zweifeln. Während SVP-Präsident Marcel Dettling von «kriminellen Asylanten» schwafelte, die seine Basis dazu bewogen hätten, die BVG-Revision abzulehnen, forderte der Gewerbe­verband – dessen Basis der ideologischen Ja-Parole
der Spitze wohl auch nicht folgte – einmal mehr ein höheres Rentenalter.

Unterdessen haben Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter im Parlament bereits konkrete Vorstösse dazu eingereicht, wie die Rentensituation der Frauen verbessert und die Kaufkraft der Pensionierten erhalten werden kann.

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