Carrosserielackiererin und «World Skills»-Silbergewinnerin Lara Kaufmann (22)
«Hä, das soll ein Männerberuf sein?»­

Lara Kaufmann ist weltweit eine der besten Carrosserielackiererinnen. Mit work spricht sie über ­männerdominierte Autogaragen und ihren ­Wettkampfgeist. Und sie ­verrät, was Tiere und ­Autos gemeinsam haben.

EINE MEISTERIN IHRES FACHES: Farbenmischen, Lackieren und Polieren gehört zum Berufsalltag von Carrosserielackiererin Lara Kaufmann. (Fotos: Severin Nowacki)

Schleifen, Lackieren, Polieren – was Lara Kaufmann täglich in der Autogarage Bartolome in Rüschegg BE leistet, ist Millimeterarbeit an tonnenschweren Fahrzeugen. Als Carrosserielackiererin verschönert, erneuert und beschriftet sie Autos. Besonders die ­Vorbereitungen vor dem Lackieren sind aufwendig und erfordern exakte Arbeit. Und diese Büez macht die Bernerin nicht nur gut, sondern ausgezeichnet. Denn Kaufmann gehört zu den besten Carrosserielackiererinnen der Welt. An den vergangenen interna­tionalen Berufsweltmeisterschaften, auch «World Skills» genannt, belegte sie den 2. Rang. Und stand als einzige Frau auf dem Podest. Ganz anders war es in ihrer Berufsschulklasse. «Wir waren gleich viele Frauen wie Männer.» Erst mit den ganzen Wettkämpfen habe sie realisiert: als Frau ist man in dieser Branche doch ziemlich allein. «Ich war überrascht: Hä, das soll ein Männerberuf sein?»

Schweizer Fanclub in Lyon

Vor zwei Jahren schloss Kaufmann ihre Stifti ab. In ihrem letzten Lehrjahr trat sie an regionalen und kantonalen Berufswettbewerben an. Die Siege dort ebneten ihr den Weg zu den nationalen Berufsmeisterschaften, den «Swiss Skills». Kaufmann sagt:

Durch die Wettkämpfe ist mein Selbstvertrauen gewachsen, und an den Meisterschaften konnte ich neue, kreative Sachen ausprobieren, die im Tagesgeschäft eher selten sind, etwa Verzierungen mit Schriftzügen und Motiven.

An den «Swiss Skills» holte Kaufmann Gold und qualifizierte sich somit für die Berufsweltmeisterschaften. Diese fanden im September in Lyon statt. «Es war ein bestärkendes und aufregendes Erlebnis, mit den besten Berufsleuten der Schweiz an einen so grossen Event zu reisen. Im Schweizer Team hatten wir eine Menge Spass und einen starken Zusammenhalt.» Zudem dominierte der Schweizer Fanclub das Stadion. Laut Kaufmann reisten aus keinem anderen Land mehr Fans an. Auch die 22jährige wurde tatkräftig unterstützt: «Meine Familie, mein Freund und meine Arbeitskollegen waren da und feuerten mich an.»

STOLZ: Lara Kaufmann präsentiert an den «World Skills» ihre Silbermedaille. (Foto: Stefan Wermuth / SwissSkills)
 

Mit Erfolg: Sie holte die Silbermedaille und machte damit ihren Fanclub ganz schön stolz. Und in der Werkstatt in Rüschegg hängt jetzt ihr Siegerinnenfoto. Die erfolgreiche Reise an die «World Skills» motivieren sie für mehr: «Ich würde gerne selbst auch Trainerin werden und die kommenden Wettkampfteilnehmer auf die Meisterschaften vorbereiten.»

Autos oder Tiere flicken?

Die Bernerin ist im ländlichen Riggisberg BE aufgewachsen und lebt noch heute mit ihrer Mutter und zwei Katzen im Dorf. «Bei meiner Berufswahl spielte die Distanz zum Betrieb eine grosse Rolle», erzählt sie. Ihre Garage liegt gäbig im Nachbardorf. Die Leidenschaft zu Autos und anderen Fahrzeugen wurde Kaufmann aber bereits in die Wiege gelegt. «Mein Bruder ist Automechaniker, meine Mutter arbeitet seit vielen Jahren im Autogewerbe, und sie und mein Vater teilten früher die Leidenschaft für Autorennen», erzählt sie. Sonnenklar war die Berufswahl aber nicht:

Ich musste mich entscheiden: Will ich Autos oder Tiere flicken.

Denn auch die Lehre als Tiermedizinische Praxisassistentin hat sie als Schülerin sehr interessiert. Doch einen Ausbildungsplatz zu finden sei nicht so leicht. «Viele Tierarztpraxen vergeben ihre Lehrstellen wegen der hohen Verantwortung lieber an ältere Bewerberinnen. Für mich hätte das ­bedeutet, vor der Lehre noch ein Praktikum zu machen.» Ganz so unterschiedlich sei die Arbeit als Carrosserielackiererin und Tiermedizinische Praxisassistentin aber nicht: «Am Ende des Tages verlässt ein geflicktes Auto die Werkstatt oder ein geflickter Vierbeiner die Praxis.» Heute ist ihre Tierliebe mit ihren zwei Katzen und ihrem Pflegepferd ein Hobby. Und sie träumt von einem eigenen Hund, der dann mit in die Werkstatt kann.

Jobportrait: Arbeiten im Autogewerbe

Als Carrosserielackiererin verdient Lara Kaufmann brutto 5100 Franken nach Lehrabschluss. «Ich bin zufrieden mit meinen Arbeitsbedingungen, doch in der Branche gibt es viele Baustellen. Zum Beispiel die Löhne oder die Ferientage.» Damit der Beruf für Lernende attraktiv bleibt, muss ihre Branche vorwärts­machen. Dieser Meinung sind auch die Gewerkschaften. Zum Autogewerbe gehören die Berufe als Lackiererin, Spengler und Mechanikerin. Viele der Arbeitsbedingungen werden kantonal und sehr unterschiedlich geregelt, etwa die Löhne. (dak)

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.