20 Jahre Unia
Kaum aus den Windeln, schon der erste Streik

Heute vor 20 Jahren fusionierten GBI, SMUV und VHTL zur Unia. Schon am Montag nach dem Gründungskongress stieg die junge Gewerkschaft in den Ring – und erteilte der Küchenfirma Piatti eine Lektion.

GROSSE SAUSE: Vor genau 20 Jahren wurde das Logo der neuen Gewerkschaft Unia unter Konfetti-Regen vorgestellt. (Foto: Keystone)

In Basel ereignete sich am 16. Oktober 2004 Historisches: Rund 500 delegierte Mitglieder teils recht unterschiedlicher Gewerkschaften gaben sich ein für alle Mal das Ja-Wort. Sie fusionierten ihre Verbände zur Unia, der seither grössten Multibranchen-Gewerkschaft der Schweiz. Die Fusion sorgte für viel Aufsehen. Von der «neuen Power-Gewerkschaft» war die Rede oder vom «Büezer-Riesen», der «bereits die Zähne fletscht».

Leidenschaftlich rätselte die Presse auch über den künftigen Kurs der «mächtigsten Gewerkschaft»: Wird fortan der klassenkämpferische Flügel um die einstige Gewerkschaft Bau und Industrie (GBI) den Ton angeben? Oder wird sich letztlich nicht doch die kompromissfreudig-sozialpartnerschaftliche Tradition des Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiterverbands (SMUV) durchsetzen? Und was ist mit den Anliegen des VHTL, der Gewerkschaft Verkauf, Handel, Transport, Lebensmittel? Werden sie in der neuen Mega-Organisation überhaupt noch Gehör finden?

Die Delegierten selbst waren jedenfalls optimistisch. Die Fusion wurde bei bloss 17 Nein-Stimmen durchgewunken. Im Anschluss folgte ein rauschendes Fest mit Rocksängerin Gianna Nannini als Special Guest. Doch schon am Montag danach musste die Neo-Gewerkschaft zeigen, was sie draufhat.

Durchbruch um Mitternacht

Denn in der Speditionsabteilung des Küchenbauers Piatti in Dietlikon ZH herrschte ganz dicke Luft. Piatti wollte die komplette Abteilung an die Camion Transport Will (CTW) auslagern – mit happigen Folgen für die betroffenen 16 Büezer: 10 bis 20 Prozent weniger Lohn, keinen 13. Monatslohn mehr und weniger Ferien! Doch die Büezer wandten sich an die neue Gewerkschaft – und diese lieferte prompt. Ab sechs Uhr in der Früh wurde die Piatti bestreikt. Die Belegschaft organisierte mit der Unia die Streikposten. Bis abends um 7, dann war vorerst Schluss. Nicht aber im Hauptquartier der Firma. Dort verhandelten Unia-Funktionäre noch stundenlang mit Piatti-Boss Edgar Oehler. Kurz vor Mitternacht der Durchbruch: Piatti garantierte den ausgelagerten Büezern dieselben Lohn- und Arbeitsbedingungen wie bisher.

Der Blick kommentierte:

Ein grosser Erfolg für die erst drei Tage alte Unia.

Und er fragte zurecht, ob die Neo-Gewerkschaft mit diesem Streik gleich mal den Tarif habe durchgeben wollen. Quasi als Warnsignal an die Unternehmer? Nein, meinte der damalige Unia-Co-Präsident Vasco Pedrina. Es habe sich um einen krassen Fall von Lohndumping gehandelt:

Da ist es unsere Pflicht, hart einzugreifen.

Eine Losung, die noch heute gilt.

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