EFAS will Krankenkassen noch mehr Macht geben. Das ist gefährlich!
Krankenkassen-Boss: Neue Medikamente nur noch für Reiche

Wird EFAS ­angenommen, kassieren die Krankenkassen 13 Milliarden Franken ­Steuergelder pro Jahr. Und sie ­können damit machen, was ihnen ­gefällt. Ohne ­demokratische Kontrolle. Das ist gefährlich, wie die Ideen von Sanitas-Chef ­Andreas Schönenberger zeigen.

ER HAT GUT GRINSEN: Grossverdiener und Sanitas-Chef Andreas Schönenberger. (Foto: Keystone / Montage: work)

Am 24. November stimmen wir über EFAS ab. Eine Vorlage, die noch mehr Gesundheits- und Pflegekosten über die unsozialen Kopfprämien bezahlen lassen will. Das bedeutet bei Einführung für Hunderttausende Versicherte eine umgehende Prämiensteigerung von bis zu 8 Prozent – zusätzlich zu den «gewöhnlichen» jährlichen Aufschlägen. Gleichzeitig würden die Arbeitsbedingungen der Pflegenden noch weiter unter Druck kommen und damit die Pflegequalität sinken. Alle Hintergründe und Fakten gibt es im work-Dossier online.

Mehr Macht für die Kassen?

Doch EFAS hätte noch eine dramatische Auswirkung: Mit dem geplanten Rückzug der Kantone aus der Finanzierungs- und Organisierungsverantwortung für Pflegeheime und Spitex würde privaten, gewinnorientierten Akteuren der rote Teppich ausgerollt. Sie könnten sich die lukrativsten Pa­tientinnen und Patienten aussuchen. Gleichzeitig haben die Kassen ein ­Interesse an einer Rationierung der Grundversorgung, um mehr Zusatzversicherungen verkaufen zu können. Verlierer wären alle Normalversicherten. VPOD-Präsidentin und Zürcher Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber bringt es so auf den Punkt:

Mit EFAS käme es zu einer gewaltigen Machtverschiebung hin zu den Krankenkassen und weg von der demokratischen Steuerung, aber auch vom ­medizinischen Entscheid und den ­Bedürfnissen der Patientinnen und ­Patienten.

EFAS als Etappenziel

Wie gefährlich es für Versicherte, Pflegebedürftige und Pflegende wird, wenn die Krankenkassen machen könnten, wovon sie träumen, zeigt ein aktuelles Interview in den TX-Medien («Tages-Anzeiger» und seine Ableger vom Bodensee bis an den Thunersee). Dort spricht Andreas Schönenberger erstaunlich offen darüber, wie er sich das Gesundheitswesen wünscht. Schönenberger ist Chef der Sanitas. Er kassiert am meisten aller Krankenkassen-Bosse: Im letzten Jahr waren es 955 000 Franken.

Die Sanitas ist Mitglied des Krankenkassenverbandes Curafutura. Dort wurde EFAS «erfunden» und via die Krankenkassen-Lobbyistin (zeitweise über zwanzig einschlägige Nebenjöbli) und Aargauer Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel auf den parlamentarischen Weg gebracht (work berichtete).

Sparen für die neue Hüfte

Das Interview mit Sanitas-Chef Schönenberger zeigt in aller ebenso wünschbaren wie erschreckenden Klarheit: EFAS ist für die Krankenkassen nur ein Etappenziel auf dem Weg, nicht mehr allen Menschen Zugang zu einer umfassenden und qualitativ hochstehenden medizinischen Versorgung zu ermöglichen. Schönenberger schwärmt für das «Singapur-Modell». Hier wird mit Lohnabzügen ein individuelles Konto bedient, von dem dann Arzt- und Spitalrechnungen bezahlt werden. Schönenberger sagt, «dann würden sich die Menschen viel stärker fragen: Was bekomme ich, und was zahle ich dafür?». Selbstverständlich müssten sich das Menschen mit unteren und mittleren Einkommen viel «stärker fragen». Denn ihr «persönliches Gesundheitskonto» wäre wesentlich schlechter dotiert als jenes von Extrem-Kassierern wie Schönenberger. In Schönenbergers Modell müsste sich ein Baubüezer überlegen, was ihm schmerzfreies Gehen dank ­einem neuen Hüftgelenk wert ist und ob er sich das leisten kann.

Mehrklassen-Medizin

Schönenberger bestreitet im TX-Interview nicht einmal, dass nicht mehr allen Menschen die gleiche medizinische Versorgung zustehen soll, wenn es nach ihm geht. Im Gegenteil:

Eine Mehrklassenmedizin kann sogar positiv sein für die Gesellschaft.

Da ist es dann nur noch ein kleiner geistiger Schritt zur Idee, dass neue Medikamente nur noch für Reiche und Superreiche zur Verfügung stehen. Später dann könnten es sich auch die Ärmeren leisten. Es sei wie bei den Klimaanlagen im Auto, so Schönenberger: «Früher hatten nur teure Autos Klimaanlagen. Dann stellte sich heraus: Das ist ein echter Benefit – und plötzlich wurden auch günstigere Modelle damit ausgerüstet.» Kleiner, aber wichtiger Unterschied: Im Auto schwitzten Ärmere länger, bei der medizinischen Versorgung sterben sie früher.

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