1x1 der Wirtschaft
Die tiefe Besteuerung von Reichen: Nicht nur Ungerecht, sondern auch ­verfassungswidrig

Reiche und sehr reiche Unternehmerfamilien zahlen in der Schweiz immer weniger Steuern und Abgaben, da die Steuersätze für Unternehmen und wohlhabende Personen in den letzten Jahrzehnten gesunken sind. Die Ökonomin Isabel Martinez hat in ihrer Studie ausgerechnet, wie viel Steuern und Abgaben eine Multimillionärs­familie im Kanton Zug (Baar) und der Milliardär und Roche-Erbe Duschmalé pro Jahr in Basel berappen müssen. Dabei hat sie neben der Einkommens- und der Vermögenssteuer auch alle Sozialabgaben, also AHV, BVG und Krankenkassenprämien, berücksichtigt.

Mittelstand zahlt mehr

Die Millionärsfamilie in Baar besitzt ein Vermögen von 88 Millionen und hat ein jährliches Einkommen von 6,3 Millionen. Unter Einbezug der Unternehmenssteuern müsste diese Familie 27,3 Prozent ­ihres Bruttoeinkommens an Steuern und Abgaben zahlen. Wenn sie ihr Vermögen über eine Beteiligungsgesellschaft verwaltet, was üblich und legal ist, sind das sogar nur 18,5 Prozent. Beim ­Roche-Erben Duschmalé schätzt Martinez das Vermögen auf 1,4 Milliarden und das jährliche Einkommen auf 45 Millionen. Im Kanton Basel-Stadt, der höhere Steuersätze anwendet als Zug, müsste Duschmalé unter Verwendung einer Beteiligungsgesellschaft 28,6 Prozent an Steuern und Abgaben zahlen.

Vergleichen wir das mit einer Familie des oberen Mittelstands mit 200 000 Franken Brutto-Jahreseinkommen und 100 000 Franken Vermögen, in der beide Elternteile arbeiten: Im Kanton Zug müsste diese Familie total 15,8 Prozent ihres Einkommens an Steuern und Abgaben berappen, in Basel-Stadt 25,8 Prozent.

Verfassungswidrig

Eine Multimil­lionärsfamilie im Kanton Zug, die ihr Vermögen mittels Beteiligungsgesellschaft verwaltet, bezahlt also nur ­wenige Steuerprozent mehr als eine Mittelstandsfamilie im gleichen Kanton. Und eine Mittelstandsfamilie in Basel-Stadt wird mit viel mehr Steuerprozenten belastet als Multimillionäre im Kanton Zug. Selbst der ­Milliardär Duschmalé zahlt prozentual kaum mehr Steuern als die ­Mittelstandsfamilie in Basel-Stadt. Ein solches Steuersystem ist nicht nur ungerecht, sondern auch verfassungswidrig. Die Verfassung schreibt eine Besteuerung nach Leistungs­fähigkeit vor. Das ist in der Schweiz nicht mehr der Fall.

Hans Baumann ist Ökonom und Publizist.

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