Dubiose Eisenleger auf «Sportwelt»-Baustelle
Gossau will mehr Schwarzarbeitskontrollen

Auf Verlangen von Unia-Mann Florian Kobler musste die Regierung der Stadt Gossau SG ihre Vergabepraxis erklären. Dabei kamen Lücken zum Vorschein – aber auch Erfreuliches.

GENAUER HINSCHAUEN: Die Regierung spricht sich für mehr Kontrollen auf der Baustelle aus. (Montage: work)

Für 65 Millionen Franken stampft die Stadt Gossau SG ein riesiges neues Sportareal aus dem Boden – die «Sportwelt Gossau». Aber geht auf der grössten Baustelle der Stadt auch alles mit rechten Dingen zu? Oder kam es gar zu Schwarzarbeit? Diesen Verdacht äusserte Danijela Dragicevic Ende September im work. Die Unia-Sekretärin hatte bei einem Baustellenbesuch Seltsames erlebt. Kaum hatte sie die Baracke der Eisenleger betreten, redeten zwei Arbeiter sofort auf sie ein – noch bevor sie diesen eine Frage gestellt hatte. «Sie sagten immer wieder, wie super ihre Firma sei und dass alles sauber ablaufe», erinnert sich Dragicevic. Wer so reagiere, habe meistens etwas zu verbergen.

Kapitulation der Kontrolleure

Auf der ­Prestigebaustelle der Stadt Gossau SG machen Eisenleger ­einer vorbelasteten ­Firma ­verdächtige Aussagen. Die Unia alarmiert sofort den Kanton – doch der lässt sich Zeit.

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Auch nicht gerade vertrauenerweckend seien zwei weitere Arbeiter gewesen, die im Gegensatz zu ihren Kollegen kein einziges Wort über die Lippen brachten. Hinzu kam die Tatsache, dass die betreffende Eisenlegerfirma aus dem Kanton Schwyz schon mehrfach mit Dumpinglöhnen und anderen GAV-Verstössen aufgefallen war.

Der Gossauer SP-Politiker und Unia-Mann Florian Kobler reichte darauf im Stadtparlament eine kleine Anfrage ein. Von der Stadtregierung wollte er unter anderem wissen, ob sie sich überhaupt im Klaren sei, an wen sie hier ihren Auftrag vergeben habe. Nun liegt die Antwort vor (über diesen Link).

Schwarzarbeitsverdacht «nicht erhärtet»

Die Regierung schreibt, die Eisenleger seien als Subunternehmer einer Baumeisterfirma tätig gewesen und das entsprechende Auftragsverhältnis sei dem Hochbauamt gemeldet worden. Und weiter:

Die Armierungsfirma hat in der Vergangenheit den Landesmantelvertrag für das Schweizerische Bauhauptgewerbe (LMV) nicht immer eingehalten.

Diese Verstösse seien jedoch behoben worden. Heute lägen keine Verstösse mehr vor. Zudem hätten die Untersuchungen durch den Kanton den Verdacht auf Schwarzarbeit «nicht erhärtet». Wie der Kanton zu diesem Schluss kam, wird allerdings nicht ausgeführt. Und das macht stutzig.

GROSSBAUSTELLE: Aktueller Blick auf das 65-Millionen-Projekt in Gossau. (Foto: sportweltgossau.ch)

Denn die Unia hatte den Fall damals sofort gemeldet und eine Schwarzarbeitskontrolle gefordert. Doch das zuständige Amt für Wirtschaft und Arbeit tat wochenlag nichts. Und argumentierte dann, man habe schon vor der Unia-Meldung einen «Augenschein» vorgenommen, aber keine Unregelmässigkeiten festgestellt. Eine erneute Kontrolle durch einen einzelnen Mitarbeiter sei «nicht zielführend». Man habe aber die Polizei informiert. Ob diese nun eine erneute Kontrolle durchgeführt hat, erfährt man ebenfalls nicht. «Aus ermittlungstechnischen Gründen können keine weiteren Angaben gemacht werden», so die Gossauer Regierung. Mehr Klarheit schafft sie immerhin bei ihrem Vergabeprozedere.

Ausgerechnet Subunternehmer werden geschont

Demnach müssten sich die engagierten Unternehmen «unterschriftlich verpflichten», unter anderem die Vorschriften bezüglich Arbeitsschutz, Arbeitsbedingungen, Sozialversicherungsbeiträgen, Steuerpflicht und Umweltschutz einzuhalten. Und die Auftragnehmer seien verpflichtet, diese Deklaration an ihre Subunternehmer zu «überbinden».

Auf Selbstdeklarationen alleine will sich die Gossauer Regierung aber offenbar nicht verlassen. Sie verlange von ihren Auftragnehmern zusätzlich auch GAV-Bescheinigungen, schreibt sie. Das ist zwar vernünftig. Denn solche Bescheinigungen werden von unabhängigen Anbietern ausgestellt und zeigen, ob eine Firma überhaupt schon einmal kontrolliert wurde, ob dabei Verstösse festgestellt wurden und ob noch Zahlungen oder Strafen offen sind. Doch die Bescheinigungspflicht gilt offenbar nur für die direkten Auftragnehmer der Stadt, nicht aber für ihre Subunternehmer. Für Florian Kobler ist das der falsche Weg:

Die Stadt sollte ihre Ausschreibungskriterien so ändern, dass sowohl die Erstunternehmer wie auch die Subunternehmer eine saubere GAV-Bescheinigung vorlegen müssen.

Unia-Mann Florian Kobler. (Foto: zvg)

Die fünf Regierungsmitglieder, allesamt mit bürgerlichem Parteibuch, wollen aber nichts ändern am Status quo.

Immerhin eine Antwort freut auch Kobler. Die Regierung schreibt nämlich: «Der Stadtrat begrüsst zusätzliche unangekündigte Kontrollen des Arbeitsinspektorats.» Das ist freundliche Diplomatensprache und heisst übersetzt: «Kanton, bitte aufwachen!»

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